Revision der Pauschalreiserichtlinie: Aktueller Stand und Entwicklungen

| Politik Politik

In einem Webseminar zur Revision der Pauschalreiserichtlinie hat der Deutsche Reiseverband (DRV) über den aktuellen Stand und zu erwartenden Entwicklungen informiert.

Reiserechtsexperte Prof. Dr. Ansgar Staudinger hat sich zur Diskussion um die Ausweitung des Geltungsbereichs der Pauschalreiserichtlinie auf Einzelleistungen geäußert – sein Fazit: „Die Absicherung von Einzelleistungen führt zu Überregulierung und zerschießt die gesamte Fülle des Vertragsrechts und ist so auch nicht vorgesehen.“

Er ergänzt: „Wenn jede Einzelleistung zur Pauschalreise werden würde, wo bleibt dann der Vorteil der Pauschalreise?“ Es sei wichtig, die Verbraucherinnen und Verbraucher intensiv über die Vorteile der Pauschalreise im Buchungsprozess aufzuklären. In Bezug auf die verbundenen Reiseleistung ergänzte Staudinger: „Wenn wir alles, was heute unter die verbundenen Leistungen fällt, zu einer Pauschalreise machen würden, wird das der Untergang der Vermittlerszene sein.“ Das gelte es zu verhindern.

Achim Wehrmann, Hauptgeschäftsführer des DRV, erklärte zu Beginn des Webseminars: „Die Pauschalreise bietet schon heute einen umfassenden Schutz der Reisenden. Keine andere Branche bietet eine solche Absicherung. Weitere Verpflichtungen für die Reiseveranstalter, wie sie der aktuelle Gesetzentwurf der EU-Kommission vorsieht, werden dazu führen, dass immer mehr Kunden ungeschützt verreisen. Denn sicher ist, eine weitere Verschärfung wird zu unvermeidlichen Preiserhöhungen bei Urlaubsreisen führen – und damit zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen. Das kann so nicht gewollt sein.“

Die Bundespolitik hat sich in wichtigen Kritikpunkten bereits hinter die Industrieposition des DRV und weiterer Verbände der Reisewirtschaft gestellt. Insbesondere die angedachte Drei-Stunden-Regelung sieht auch das Bundesjustizministerium kritisch. Damit würde de facto die verbundene Reiseleistung wegfallen und Reisebüros kämen fast automatisch in die Veranstalterhaftung. Gleichzeitig wird dadurch die Angebotsvielfalt im Markt eingeschränkt – zum Nachteil für Reisebüros und ebenso für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wie sinnvoll ist die Ausweitung des Geltungsbereichs der Pauschalreiserichtlinie auf Einzelleistungen?

Aus Sicht des Reiserechtsexperten Staudinger ist es überhaupt nicht sinnvoll, jede Einzelleistung auf das Absicherungsniveau der Pauschalreise zu ziehen. Er sagt. „Es muss Einzelleistungen, verbundene Reiseleistungen und Pauschalreisen geben. Nur so bleibt die Vielfalt erhalten. Und es gibt in der EU auch keinen Ansatz die Einzelleistung zu etwas anderem zu machen als zu einer Einzelleistung.“ Eine Ausweitung der Absicherung auf alle Einzelleistungen mache weder ökonomisch, noch rechtlich Sinn.

Auf der anderen Seite sieht Prof. Staudinger allerdings die Notwendigkeit, mögliche Schlupflöcher, bei der Buchung über Buchungsplattformen zu schließen. „Hier sei zu überlegen, ab wann eine Buchungsplattform zum Reiseveranstalter wird – mit den entsprechenden Pflichten.“

Wie sieht der Zeitplan zur Revision der Pauschalreiserichtlinie aus?

Für Herbst ist die Lesung im EU-Parlament zur Novellierung vorgesehen – ein Workshop mit Stakeholdern ist angekündigt. Ende November soll dann der Entwurf einer Position des Parlaments vorliegen. Mit einer Verabschiedung ist nicht vor Ende 2025 zu rechnen. Für die Umsetzung in nationales Recht bleiben dann 18 bis 30 Monate. Möglicherweise Ende 2027 ist somit mit einem Inkrafttreten in Deutschland zu rechnen.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die deutsche Tourismuswirtschaft sieht eine Gefahr in zunehmender Abschottung und Nationalismus. Zwei große Verbände zeigen klare Haltung gegen Diskriminierungen und Rassismus.

Je mehr Fachkräfte fehlen, desto lauter der Streit um die Lebensarbeitszeit in Deutschland. Das Ifo-Institut hat die möglichen Auswirkungen kontroverser Vorschläge für den Arbeitsmarkt berechnet.

Trinkgelder sollen in den USA künftig steuerfrei sein. Mit diesem Vorschlag konnte der Republikaner Trump punkten. Nun fordert das auch die Demokratin Harris. Nimmt sie ihm den Wind aus den Segeln?

Ein Vorstoß aus der Türkei zum Schutz von Dönerfleisch erhitzt in Deutschland die Gemüter. Bei der EU in Brüssel läuft dazu jetzt ein Prüfverfahren. Kommen schon bald strengere Regeln? Der Döner-Streit geht in die heiße Phase. Selbst der DEHOGA hat bei der EU Einspruch gegen den Antrag auf Eintragung als traditionelle Spezialität eingelegt. 

Mit einem Aktionsplan wollen Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Kinder- und Jugendreisen stärken. Zunächst soll der Fokus auf der Teilhabe von sozial Benachteiligten sowie der Demokratieförderung und der Bildung im Bereich des nachhaltigen Reisens liegen.

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz werden auch Gastronomen und Hoteliers dazu verpflichtet, Anforderungen einzuhalten, wenn ihre Produkte oder Dienstleistungen in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Darunter können auch Tisch- und Hotelreservierungen fallen.

Ihre harte Gangart gegen Cannabis-Konsum hat die Staatsregierung immer wieder betont. Strengere Regeln gelten im Freistaat aber erst jetzt - unter anderem auf Volksfesten und in Gaststätten.

Das Segment Alkoholfreier Wein ist zurzeit das Einzige, das weltweit ansteigt. Gleichzeitig gibt es in der Weinverordnung einige Regelungen, die die Vermarktung alkoholfreier Weine von Weingütern mit Trauben aus der Region erschweren.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG haben sich auf einen neuen Entgelttarifvertrag geeinigt. Dem Abschluss waren lange Verhandlungen vorausgegangen. Die Gewerkschaft dachte sogar über Warnstreiks nach und wurde dafür von Dorint-Boss Iserlohe scharf kritisiert.

Der Essenslieferant Delivery Hero mit Hauptsitz in Berlin steht schon länger im Fokus der EU-Wettbewerbshüter. Nun leitet Brüssel den nächsten Schritt ein. Eine Strafe von mehr als 400 Millionen ist möglich.