Demonstranten besetzen Ballermann-Strand

| Tourismus Tourismus

Auf Mallorca haben erneut Einheimische gegen den Massentourismus demonstriert. Rund hundert Menschen hatten den Strand des vor allem bei Deutschen beliebten Ballermanns symbolisch besetzt. 

«Es geht darum, dass wir darauf aufmerksam machen, dass Mallorca mittlerweile einfach zu voll ist», sagte Demonstrantin Reyes dem «Mallorcamagazin». Ihr Kollege Eric fügte hinzu: «Wir müssen dem Massentourismus auf der Insel endlich ein Limit setzen.» Die Demonstranten versammelten sich zunächst am Strand und rannten dann ins Meer, wo sie ein Banner ausrollten, auf dem «Besetzen wir unsere Strände» stand. 

Urlauber Marco aus Berlin nahm die Aktion gelassen. Er habe Verständnis dafür, auch wenn ihn ein «Tourist-go-home»-Schild irritiert habe, zitierte ihn die «Mallorca Zeitung». «Ich habe niemandem etwas getan. Ich komme gerne nach Mallorca, und die Mallorquiner können auch gerne zu uns nach Deutschland kommen», sagt er. Ein anderer deutscher Urlauber drehte seine Musik auf - deutsche Schlager. «Ein bisschen Gegendemonstration», sagte er. 

Es ist in diesem Jahr schon die dritte derartige Aktion auf der liebsten Urlaubsinsel vieler Deutscher: Mehrere Zehntausend Menschen hatten sich im Mai und Juni an zwei friedlichen Demonstrationen in Palma gegen die Auswüchse des Tourismus beteiligt. 

Auch in anderen Touristenzentren Spaniens kam es zu Protestaktionen. Die Kritiker beklagen vor allem die hohen Lebenshaltungskosten und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum infolge des Massenansturms von Urlaubern.

Proteste bisher friedlich - Nun aber auch üble Graffiti

Die Demonstrationen verliefen bisher alle friedlich. Schlimmstenfalls und eher aus Jux bespritzten Demonstranten in Barcelona Touristen oder Einheimische, die sie für solche hielten, mit Wasserpistolen. Auf Mallorca unterstützten einige Urlauber sogar die Demonstranten und solidarisierten sich mit ihnen. 

Nun aber sind im Urlaubsparadies Sprüche an Wänden aufgetaucht, die nur schwer zu verdauen sind. «Kill A Tourist» lautet einer in Manacor, ein anderer an mehreren Orten in Palma auf Deutsch «Tourismus macht frei», offenbar eine Anspielung auf den zynischen Spruch der Nazis «Arbeit macht frei» über Eingangstoren von Konzentrationslagern, wie die «Mallorca Zeitung» berichtete. 

Tourismusverbände der Insel wiegeln leicht nervös ab. «Es ist eine winzige Minderheit, die sehr laut schreit», zitierte die Zeitung eine Sprecherin der Hoteliersvereinigung FEHM. 

Gegner des Massentourismus sind zwar nicht für solche Graffitis, begrüßen aber deren Effekt, die Verunsicherung der Touristen. «Das ist ja genau das, was wir erreichen wollen», sagte Pere Joan Femenia, einer der Sprecher der Bewegung «Weniger Tourismus, mehr Leben» der Zeitung. «Es ist schon klar, dass das manchen weniger gefällt, aber wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir offenbar deutlichere Worte finden», fügte Femenia hinzu.

Der Komiker Tom Gerhardt sagte dem «Spiegel»: «Stellen wir uns mal vor, die Bürger des Touristen-Hotspots Rothenburg ob der Tauber gingen gegen Amerikaner oder Japaner auf die Straße. Das wäre ein Fall für Innenministerin Faeser, und es gäbe eine Gegendemo für mehr Vielfalt.» Gerhardt hat mit dem Kinofilm «Ballermann 6» bis heute das Image der Insel geprägt.

Tourismus überlebenswichtig für Mallorca

Neben den Protesten bereitet der Tourismusbranche auf Mallorca noch eine andere Entwicklung Sorgen. Zwar kamen bis Ende Juni noch einmal rund 500.000 mehr Besucher auf die Balearen, deren Hauptinsel Mallorca ist, als im Vergleichszeitraum des Rekordjahres 2023. Aber das Geld sitzt nicht mehr so locker, schrieb das «Mallorcamagazin». Die Ersparnisse aus der Zeit der Corona-Pandemie seien im vergangenen Superjahr ausgegeben worden, höhere Flug- und Hotelpreise setzten der Urlaubskasse zu. Darunter leiden Taxis, Autovermieter, die Gastronomie, Geschäfte und Tourbetreiber, schrieb die Zeitung. Diese Branchen hätten von 15 bis 20 Prozent weniger Umsatz gesprochen. 

Auf den Balearen leben knapp 1,2 Millionen Einheimische. Im vorigen Jahr wurden diese nach Zahlen der spanischen Statistikbehörde INE von 18 Millionen Urlaubern besucht, davon 4,6 Millionen aus Deutschland und 3,4 Millionen aus Großbritannien. Für Mallorca ist der Tourismus überlebenswichtig: Die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Jury hat die Qual der Wahl: Aus 56 Vorschlägen muss sie die Preisträger auswählen. Dazu gehören das Weimar-Haus genauso wie die Thüringer Wald Service GmbH und die Ferienhaussiedlung Hainichhöfe.

Die niederländische Stadt Den Haag hat sogenannte fossile Reklame im öffentlichen Raum verboten. Ab 1. Januar ist Werbung an Bushaltestellen oder Bahnhöfen für Flugreisen, Kreuzfahrten, fossile Energie oder Autos mit Verbrennungsmotor untersagt. Gegen das Reklameverbot klagt nun die Reisebranche.

Reisen im eigenen Land ist für die Deutschen weiterhin eine beliebte Art des Reisens. Neue Recherchen des Ferienhaus-Portals Holidu stellen die fünf besten Roadtrips in Deutschland und den umliegenden Regionen vor.

Berlin soll nach den Plänen des Senats künftig noch mehr vom Wassertourismus profitieren. Schiffstouren auf der Spree oder Segeln auf dem Müggelsee - die Stadt bietet schon jetzt einige Möglichkeiten. Der Senat sieht dennoch Chancen für die Zukunft.

Omio hat den Jahresbericht “NowNext” veröffentlicht, der die Trends enthüllt, die das Reisen im Jahr 2024 und darüber hinaus bestimmen. Unter anderem zeigt sich ein Anstieg im Bereich Städtereisen, Alleinreisen und in der Nutzungsbereitschaft von Künstlicher Intelligenz.

Barry Diller, der Vorsitzende des Verwaltungsrats von Expedia, hat Spekulationen über eine mögliche Übernahme des Reisekonzerns durch den Fahrdienstvermittler Uber eine deutliche Absage erteilt.

Geschäftsreisen fördern Ökonomie und Innovationskraft in Deutschland und bleiben unerlässlich für erfolgreiche Geschäftsbeziehungen, ist der Verband Deutsches Reisemanagement überzeugt. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr prognostiziert trotzdem rückläufige Zahlen.

Wer in Rom ist, kommt an einem Besuch am Trevi-Brunnen nicht vorbei. Der Münzwurf ins Wasser ist eine Tradition. Überraschung für Touristen: Der Brunnen liegt trocken - wohin also mit den Geldstücken?

Der Tourismus in der Region Mosel-Saar hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von gut zwei Milliarden Euro erzielt. Vor allem profitierten Gastgewerbe, Weinwirtschaft, Einzelhandel und Dienstleistende von der Nachfrage.

Mecklenburg-Vorpommern ist eine der beliebtesten Urlaubsregionen Deutschlands. Durch das Verhalten von Rostocker Fußball-Fans sieht der Tourismus-Chef aber das Image des Bundeslandes beschädigt.