Britische Studie: In welchen Berufen (zu) viel getrunken wird

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Arbeit in bestimmten Berufszweigen scheint mit einer größeren Wahrscheinlichkeit für einen hohen Alkoholkonsum einherzugehen. Das legt zumindest eine britische Studie nahe, deren Ergebnisse im Fachblatt «BMC Public Health» veröffentlicht wurden. Wie die Forscher berichten, sei ein solcher Alkoholkonsum vor allem in Handwerksberufen sowie im Gastgewerbe wahrscheinlich, während das Risiko bei Ärzten und Lehrern kleiner war. Die geringsten Raten schwerer Trinker fanden sich unter zwei nicht gerade eng verwandten Berufsgruppen: Geistlichen und Meteorologen.

«Starker Alkoholkonsum erhöht das Risiko körperlicher und geistiger Schäden, und wenn wir verstehen, welche Berufe mit starkem Alkoholkonsum in Verbindung stehen, können wir die Ressourcen und Interventionen besser ausrichten», begründet Mediziner Andrew Thompson von der Universität Liverpool die Motivation für die Studie.

Für diese analysierte er gemeinsam mit dem Pharmakologen und Genetiker Munir Pirmohamed die Daten von 100 817 Erwachsenen im Alter zwischen 40 und 69 Jahren aus ganz Großbritannien, die zwischen 2006 und 2010 für die Langzeitstudie «UK Biobank» rekrutiert wurden. Die Teilnehmenden gaben ihren wöchentlichen oder monatlichen Alkoholkonsum sowie ihren Beruf an.

Dabei galten Männer als starke Trinker, wenn sie mehr als 500 Milliliter (400 Gramm) reinen Alkohols pro Woche konsumierten, für Frauen lag dieser Wert bei 350 Milliliter (280 Gramm). Zur Einordnung: Eine Flasche Bier mit 330 Milliliter enthält knapp 13 Gramm reinen Alkohols, ein Glas Wein mit 125 Millilitern etwa zehn Gramm. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) definiert als gesundheitlich unbedenkliche Obergrenze eine Höchstmenge von 20 Gramm pro Tag für Männer und zehn Gramm für Frauen.

Wie die britische Auswertung ergab, standen Handwerksberufe wie zum Beispiel Bau- und Fertigungsberufe am ehesten mit starkem Alkoholkonsum in Verbindung. Mit Blick auf einzelne Berufe waren die Raten übermäßigen Alkoholkonsums unter Gast- und Kneipenwirten, Gipsern und Vertretern industrieller Reinigungsberufe am höchsten. Die niedrigsten Raten fanden sich unter Geistlichen, Physikern, Geologen und Meteorologen sowie Medizinern.

Dabei zeigte die Studie große geschlechtsspezifische Unterschiede: So waren es bei Männern vor allem handwerkliche Berufe, die mit starkem Alkoholkonsum zusammenhingen. Bei den Frauen stand dieser eher in Verbindung mit Berufen wie Managerin oder leitende Angestellte. Umgekehrt war die Rate hohen Alkoholkonsums bei Männern in den Berufen Geistlicher, Mediziner und Stadtplaner am niedrigsten, bei Frauen hingegen in den Berufen Schulsekretärin, Biologin, Biochemikerin und Physiotherapeutin.

«Die beobachteten Unterschiede bei Männern und Frauen in Bezug auf die Assoziationen zwischen Berufen und starkem Alkoholkonsum könnten darauf hinweisen, wie die Arbeitsumgebung zusammen mit dem Geschlecht und anderen komplexen Faktoren die Beziehung zum Alkohol beeinflussen kann», kommentiert Mediziner Thompson diesen Befund. Arbeitsplatzbezogene Interventionen, die darauf abzielten, den Alkoholkonsum in Berufen, in denen starker Alkoholkonsum vorherrsche, anzugehen, könnten sowohl dem Einzelnen als auch der Wirtschaft insgesamt zugutekommen, indem sie das Wohlbefinden der Mitarbeiter verbesserten und indirekt die Produktivität steigerten.

Inwiefern sich die britischen Ergebnisse auf andere Länder übertragen lassen, bleibt unklar. Tatsächlich gab die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) angesichts früherer vergleichbarer Untersuchungen zu bedenken: «Studienergebnisse zu dieser Thematik können beeinflusst sein durch landesspezifische arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen, Charakteristika der Berufsbilder wie durch die Konsumkulturen in den Branchen.»

Zudem fokussierte die Untersuchung nur auf Alkoholkonsum: Der Zusammenhang zwischen Berufsgruppen und anderen Suchtmitteln wurde nicht untersucht. Die Autoren weisen ferner selbst darauf hin, dass es aufgrund des Querschnittscharakters der Studie nicht möglich sei, eine kausale Beziehung zwischen Alkoholkonsum und Beruf herzustellen. Außerdem stammten die Daten aus den Jahren 2006 bis 2010 - eine Veränderung des Trinkverhaltens seither wurde nicht erfasst.

Eben jene Veränderung könnte allerdings gerade mit Blick auf die Corona-Pandemie interessant sein. Denn für Deutschland ergab eine nicht repräsentative Erhebung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim, dass der Alkoholkonsum seit deren Beginn bei rund einem Drittel der Erwachsenen hierzulande gestiegen ist. Dass es sich dabei um einen länderübergreifenden Trend handelt, legt eine Warnung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nahe: Diese hatte kürzlich empfohlen, den Alkoholkonsum während der Sars-CoV-2-Pandemie weitestgehend einzuschränken - auch, da starker Konsum das Immunsystem schwäche.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Kinder und Jugendliche nehmen trotz eines Rückgangs ihres Zuckerkonsums im Vergleich zu früher immer noch zu viel Zucker zu sich. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Bonn, die die Aufnahme von freiem Zucker im Alter von 3 bis 18 Jahren ausgewertet hat.

Das Smartphone nicht sofort griffbereit zu haben - für die meisten von uns fast unvorstellbar. Manche Arbeitgeber aber verbieten die private Handynutzung am Arbeitsplatz. Ist das erlaubt?

Ferienwohnungen bieten einigen Komfort. Doch wenn etwas zu Bruch geht, kann das die Freude schnell trüben. Welche Versicherungen wichtig sind – und worauf Urlauber besonders achten sollten.

Auch im Frühjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter gestiegen. Im zweiten Quartal dieses Jahres gingen 46,1 Millionen Menschen einem Job nach oder waren selbstständig. Neue Jobs entstanden allerdings fast ausschließlich in einem Bereich.

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Arbeit auf Abruf: Alles das Gleiche? Nein, denn das eine gilt als Arbeitszeit und das andere nicht. Wann wird es bezahlt - und wann nicht?

Der Lachs hat den Alaska-Seelachs wieder als Lieblingsfisch der Deutschen abgelöst. Insgesamt kauften die Bundesbürger im vergangenen Jahr weniger Fisch, bezahlten dafür aber mehr.

Einmal abgemahnt, dann gekündigt? Kann es wirklich so schnell gehen? Was genau eine Abmahnung bedeutet und wie viele man als Arbeitnehmer kassieren kann.