DGB-Ausbildungsreport - Hotel und Küche bleiben oft Schlusslichter

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Viele Azubis machen Überstunden, müssen Aufgaben erledigen, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben, die Betreuung durch die Ausbilder ist oft mangelhaft – das sind drei Ergebnisse des Ausbildungsreports der DGB-Jugend, der jetzt in Berlin vorgestellt wurde. Hotelfachleute und Köche befinden sich dabei oft am Ende des Rankings der 25 Berufe.

„Wer Fachkräfte will, muss gut ausbilden“, sagt dazu DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker. „Gerade in Branchen, die für einen rauhen Umgangston und für Mängel in der Ausbildung bekannt sind, haben es die Arbeitgeber selbst in der Hand, neue Auszubildende zu finden. Wenn die Ausbildungsqualität schlecht ist und die Perspektive fehlt, spricht es sich unter den jungen Menschen eben rum“, so Becker. Ebenso sei es „kein Ausweis von Attraktivität“, wenn fast die Hälfte der Azubis im letzten Ausbildungsjahr noch immer nicht wissen, ob sie übernommen werden. „Wer seine Ausbildung erfolgreich absolviert, muss auch übernommen werden: im ausgebildeten Beruf, wohnortnah, Vollzeit und unbefristet“, betont Kristof Becker. „Selbst von den Befragten, die übernommen wurden, erhält fast ein Drittel nur eine befristete Stelle und wird meist nur für ein Jahr eingestellt.“

Der Ausbildungsmarkt habe sich „noch lange nicht vom Corona-Schock erholt“, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. „Im letzten Jahr bekamen nicht einmal 70 Prozent aller bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Jugendlichen einen Ausbildungsplatz. Nicht einmal mehr jedes fünfte Unternehmen bildet hierzulande noch aus. Auf der anderen Seite gibt es aber ein enormes Potenzial an jungen Menschen die keine Ausbildung finden. Über 220.000 Jugendliche stecken jedes Jahr in den sogenannten Übergangsmaßnahmen zwischen Schule und Ausbildung fest. Dazu kommen über 2,3 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren, die keinen Berufsabschluss haben. Diesen Menschen droht ein Leben in prekärer Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Armut. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung aktiv wird und schnellstens die im Koalitionsvertrag angekündigte Ausbildungsgarantie einführt. „Sie muss aber umlagefinanziert werden, um die Unternehmen anzureizen, wieder mehr Ausbildungsplätze zu schaffen und die Ausbildungskosten unter allen Unternehmen fair zu verteilen.“

Schwerpunkt des diesjährigen Ausbildungsreports ist die Berufsorientierung. Die schulische Berufsorientierung schnitt in der Befragung schlecht ab: Fast drei Viertel bzw. 72,2 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen an der Schule kaum bei der Berufswahl geholfen wurde. Überdies haben nicht einmal 29 Prozent der Befragten die Berufsberatung der Agentur für Arbeit genutzt. Von ihnen gaben außerdem 40,5 Prozent an, dass sie ihnen „weniger“ oder „gar nicht“ geholfen hat. „Die Jugendberufsagenturen müssen mit ihrer Arbeit sichtbarer werden und noch enger als bisher mit den Schulen zusammenarbeiten“, sagt dazu Kristof Becker. Zudem müsse die schulische Berufsorientierung in allen Schulformen gestärkt werden. „Niemand darf verloren gehen“, betont Becker.

Mangelhaft ist oft auch die fachliche Anleitung im Ausbildungsbetrieb. So stieg der Anteil derjenigen Auszubildenden, deren Ausbilder selten oder nie am Ausbildungsplatz verfügbar sind, mit 11,6 Prozent auf den höchsten seit 2008 dokumentierten Wert. Zudem gaben 13,2 Prozent der Auszubildenden an, Arbeitsvorgänge nur „selten“ oder „nie“ zufriedenstellend erklärt zu bekommen. Ausbildungsfremde Tätigkeiten wie Toiletten putzen, Gläser spülen und tagelange Renovierungsarbeiten im Betrieb mussten mehr als 11 Prozent der Befragten „immer“ oder „häufig“ erledigen. Mehr als jeder dritte Befragte (34,5 Prozent) gab an, dass ihr/sein Betrieb keinen Ausbildungsplan vorgelegt hätte, obwohl dieser gesetzlich vorgeschrieben ist.

Zudem muss knapp ein Drittel der befragten Auszubildenden (32,8 %) regelmäßig Überstunden machen und durchschnittlich über drei Stunden je Woche mehr arbeiten. Mehr als jeder zehnte Auszubildene (11,6 %) bekommt für die Überstunden weder eine Vergütung noch einen Freizeitausgleich. „Das alles sind klare Verstöße gegen das Berufsbildungsgesetz“, sagt Kristof Becker. „Wir brauchen endlich wirksame Kontrollen der Aufsichtsbehörden, um Verstöße aufzudecken.“

Zwar sind insgesamt über 70 Prozent der Auszubildenden (73,3 %) mit ihrer Ausbildung zufrieden, jedoch gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Branchen: Insbesondere Industriemechaniker, Mechatroniker, Verwaltungsfachangestellte und Elektroniker für Betriebstechnik sind deutlich zufriedener als der Durchschnitt. Berufe aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe, der Zahnmedizin, dem Einzelhandel und dem Friseurhandwerk bewerten ihre Betriebe dagegen mangelhaft. Im Vergleich zu 2020 litten vor allem die Hotelfachfrauen (-13,1%) und die Friseure (-3,6%) unter den Auswirkungen der Pandemie. „Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich die Ausbildungszufriedenheit in diesem Jahr entwickeln wird. Gerade weil noch nicht absehbar ist, welche Folgen Krieg, Inflation und gestörte Lieferketten in den nächsten Monaten und Jahren haben werden, gilt es jetzt zu handeln. Die duale Berufsbildung muss gestärkt, sie muss krisenfest werden“, sagt Kristof Becker.

Bezogen auf das Gastgewerbe resümiert der Bericht, dass nur etwa zwei Drittel der Auszubildenden im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Friseurhandwerk mit ihrer Ausbildung zufrieden sind. Insbesondere von den angehenden Hotelfachleuten ist nur gut die Hälfte mit ihrer Ausbildung zufrieden (53,1 Prozent). Dabei ist davon auszugehen, dass die Folgen der Corona-Pandemie und die damit verbundene temporäre Schließung vieler Betriebe einen besonders starken Einfluss auf die Ausbildungszufriedenheit haben dürfte.

Mit durchschnittlich 5,9 Überstunden pro Woche liegen Köchinnen und Köche an der Spitze der 25 Berufe, die regelmäßig Mehrarbeit leisten müssen. Ein Fünftel der künftigen Hotelfachleute gibt ferner an, keinen Ausgleich für geleistete Überstunden zu erhalten.

Dabei spielen Dinge, die nichts mit der Ausbildung zu tun haben, immer noch einen Rolle im beruflichen Alltag der Azubis. So müssen und 19,1 Prozent der künftigen Hotelfachleute »immer« bzw. »häufig« ausbildungsfremde Tätigkeiten verrichten, jedoch »nur« 2,9 Prozent der künftigen Verwaltungsfachangestellten

Die repräsentative Befragung wurde von August 2020 bis März 2022 durchgeführt. Insgesamt 14.426 Auszubildende aus den laut Bundesinstitut für Berufsbildung 25 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen haben sich beteiligt.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Zahlreiche Umfragen besagen, dass junge Leute von heute keine Lust auf Führungspositionen haben. Doch die Gelegenheiten, Chef zu werden, sind vielfältig. Die Risiken, die Chance zu vermasseln, sind es allerdings auch. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Zum fünften Mal vergibt die Bundesregierung den CSR-Preis und zeichnet Unternehmen aus, die sich durch sozial und ökologisch verantwortungsvolles Wirtschaften hervorheben. Bis zum 30. September können Sie sich mit Ihrem Unternehmen jetzt noch darum bewerben.

Wer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, weiß in der Regel welche Tätigkeiten der Job beinhaltet. Kleine Abweichungen sind meist unproblematisch. Doch was, wenn die oder der Vorgesetzte plötzlich verlangt, eine völlig neue Aufgabe zu übernehmen, die offenbar nichts mit den ursprünglichen Tätigkeiten zu tun hat?

In Deutschland muss die Arbeitszeit erfasst werden – soweit die Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus? Was ist wirklich Vorschrift? Und was ist mit Vertrauensarbeitszeit? Die Rechtslage im Überblick.

In der neusten Folge von „Das geht! – Ein DRV-Podcast“ erzählt der Chef von über 600 Beschäftigen wie er noch vor dem Einstieg bei Upstalsboom den künftigen Mitarbeitern ihre Talente und Fähigkeiten abseits der fachlichen Qualifikation entlockt. 

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Betriebsrenten attraktiver machen. Das geht aus einem Entwurf hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch abgesegnet hat. Es soll für Unternehmen Anreize schaffen, mehr Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anzubieten.

Mit einem Kraftakt könnte es einem Modell zufolge bis 2035 gelingen, rund 1,5 Millionen 55- bis 70-Jährige für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. In Personalnot-Zeiten eine enorme Zahl.

Wenn Daten zu Einkommen und Krediten nahezu offen im Internet stehen, ist das eine Einladung für Kriminelle. Ein IT-Experte und der Chaos Computer Club haben womöglich Schlimmeres verhindert und Datenlecks bei Check24 und Verivox aufgedeckt. Check24 bezeichnet sich selbst auch als größtes deutsches Reiseportal, das auch Hotelzimmer vermittelt.

Bürobeschäftigte in deutschen Metropolen fahren einer Umfrage zufolge wieder öfter zur Arbeit ins Unternehmen. Angestellte in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart kamen zuletzt im Schnitt an 3,6 Tagen pro Woche ins Büro. Damit nähere sich die Büroanwesenheit dem Vor-Corona-Niveau an.

Die Digitalisierung und damit unter Umständen auch Beschleunigung im Prozess der Beantragung von Arbeitsmarktzulassungen für ausländische Beschäftigte schreitet weiter voran. Welche Neuerungen es gibt.