Immer mehr Abiturienten machen eine Ausbildung

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Junge Menschen mit Hauptschulabschluss tun sich einer Studie zufolge immer schwerer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Gleichzeitig stieg in den vergangenen Jahren der Anteil der Abiturienten, die eine Ausbildung anfingen, deutlich, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie für die Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Von einer mangelnden Attraktivität der Berufsausbildung für Abiturienten und Abiturientinnen könne keine Rede sein, sagte Studienautor Dieter Dohmen laut Mitteilung.

Zwischen 2011 und 2021 verringerte sich der Anteil der Jugendlichen, die mit Hauptschulabschluss eine Lehre anfingen, demnach um ein Fünftel. Für junge Menschen ohne Schulabschluss spitzte sich die ohnehin schwierige Situation zuletzt zu: Die Übergangsquote lag der Studie zufolge 2021 bei 30 Prozent. In den vergangenen 15 Jahren hatte sie um die 35 Prozent geschwankt. Der Anteil der Abiturienten, die sich für eine Lehre entschieden, stieg dagegen von 35 auf 47,4 Prozent.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack sagte, es passe nicht zusammen, wenn Arbeitgeber einerseits über fehlende Bewerber klagten, auf der anderen Seite aber vielfach eine «Bestenauslese» betrieben. «Auch Jugendliche mit Hauptschulabschluss brauchen Chancen auf einen Ausbildungsplatz.» Es gebe ein enormes Potenzial für mehr Ausbildung und damit zur Linderung des Fachkräftemangels. Das ungenutzt zu lassen, könne sich die Gesellschaft nicht leisten. Bei der geplanten Ausbildungsgarantie müsse nachgebessert werden. Die Ampelparteien haben die Garantie in ihrem Koalitionsvertrag verankert.

Das hält die Deutsche Industrie- und Handelskammer für den falschen Weg. «Die Ausbildungschancen für junge Menschen sind heute besser denn je - von der Hauptschule bis zum Abitur», sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Zuletzt habe es dreimal mehr offene Ausbildungsstellen als Bewerber gegeben. «Wir haben daher momentan keinen Mangel an Chancen, sondern vielmehr einen Mangel an Orientierung.» Ein Ausbau der Berufsorientierung und eine bessere Vermittlung seien die richtigen Maßnahmen.

Dass sich mehr junge Menschen für die Ausbildung entschieden, obwohl sie an die Hochschule könnten, sei ein guter Trend, sagte Dercks. Die Chancen für Jugendliche mit Hauptschulabschluss seien weiter sehr gut. Ihr Anteil unter den Azubis schrumpfe, weil auch ihr Anteil unter den Schulabsolventen insgesamt zurückgehe.

Eine intensivere Berufsorientierung forderte auch die FDP-Bundestagsfraktion. «Statt einmaligen Veranstaltungen sollte diese über den gesamten Bildungsverlauf mit Informationen, Praktika und Austausch mit den Kammern zusammengedacht werden», sagte die bildungspolitische Sprecherin Ria Schröder. Gleichzeitig müsse die Qualität des ersten und mittleren Schulabschlusses erhöht werden.

Die Linken-Politikerin Nicole Gohlke kritisierte: «Es läuft was gründlich schief im Bildungssystem, wenn 630 000 Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahren komplett durchs Raster fallen.» Statt nur die Besten zu fördern, müsse der Staat mehr für jene tun, die Probleme bei der Ausbildungssuche hätten. Sie forderte etwa ein Recht auf Ausbildung.

Die Zahl der Ausbildungsverhältnisse ging der Studie zufolge im langfristigen Vergleich zurück: Während beim letzten Höchststand 2007 gut 844 000 Menschen in Ausbildung waren, lag die Zahl 2021 bei 706 000. Einen Einschnitt bedeutete hier die Pandemie. In den Jahren davor war die Zahl leicht gestiegen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Auch im Frühjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter gestiegen. Im zweiten Quartal dieses Jahres gingen 46,1 Millionen Menschen einem Job nach oder waren selbstständig. Neue Jobs entstanden allerdings fast ausschließlich in einem Bereich.

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Arbeit auf Abruf: Alles das Gleiche? Nein, denn das eine gilt als Arbeitszeit und das andere nicht. Wann wird es bezahlt - und wann nicht?

Der Lachs hat den Alaska-Seelachs wieder als Lieblingsfisch der Deutschen abgelöst. Insgesamt kauften die Bundesbürger im vergangenen Jahr weniger Fisch, bezahlten dafür aber mehr.

Einmal abgemahnt, dann gekündigt? Kann es wirklich so schnell gehen? Was genau eine Abmahnung bedeutet und wie viele man als Arbeitnehmer kassieren kann.

Viele Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden, zeigen aktuelle Daten. Oft passen Erwartungen und Angebot nicht zusammen. Was heißt das für Jugendliche auf Stellensuche? Ein Experte erklärt es.

Nach drei Jahren mit massivem Reallohnrückgang holen die Tarifbeschäftigten in Deutschland mächtig auf. Ihre Gehälter wachsen so schnell wie seit langem nicht. Das wird aber nicht so bleiben.

Die Betriebsferien ermöglichen es Arbeitgebern, einen Zeitraum festzulegen, in dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Urlaub nehmen müssen. Aber: Einfach so und spontan geht das nicht.