Zahlreiche Umfragen besagen, dass junge Leute von heute keine Lust auf Führungspositionen haben. Doch die Gelegenheiten, Chef zu werden, sind vielfältig. Die Risiken, die Chance zu vermasseln, sind es allerdings auch. Kein Wunder, dass viele nicht scharf darauf sind. Vor dem Schritt in erste Führungsverantwortung gibt es für Personalentscheider und Fachkraft einige Hausaufgaben.
Flop im Job: Erinnern Sie sich vielleicht an eine Situation in Ihrer Karriere, als Sie der Verlockung einer frühen Beförderung folgend als junge Führungskraft das erste Mal gestolpert sind? War jemand da, der Sie aufgefangen hat? Oder mussten Sie allein damit klarkommen?
Der Praxisfall aus dem Hotelalltag steht nur beispielhaft. Er könnte auch in jeder anderen Branche stattfinden: Tim, ein ehrgeiziger junger Mann, IT Freak, Hotelfachmann, war im Front Office eines namhaften Hotels tätig. Schon während des späteren Studiums hatte er ein Faible für neue Medien, für Revenue Management, analysierte CRM-Systeme, stürzte sich mit Begeisterung auf alles, was mit KI zu tun hatte – und die dafür erforderlichen Technologien. So war es nur logisch, nach dem Diplom bei einer Hotelgesellschaft anzuheuern, die sich auf neue digitale Füße stellen wollte.
In den ersten drei Jahren hatte Tim dort im Aufbau des Online-Marketings und Revenue Managements einiges bewegt. Er wurde zum Spezialisten für alle Fragen des CEOs zu diesem Thema. Was er fachlich vorschlug oder anpackte, war erfolgreich. Kein Wunder, dass der CEO den Fachbereich E-Commerce und Digitalisierung ausbauen und auf den Einsatz von KI vorbereiten wollte. Der Einzelkämpfer Tim erhielt Verstärkung durch ein ganzes Online Team. Es war der Personalchef, der vorschlug, Tim zum „Head of E-Commerce“ zu befördern, bevor ihn der Wettbewerb abwirbt. Gute Idee, so der Geschäftsführer. Tim war von der Karrierechance begeistert. Höheres Gehalt, satte Bonusoption. Endlich Chef sein!
Das jähe Ende einer Erfolgsgeschichte
Eines gleich vorweg: Tims Erfolgsgeschichte dauerte nicht lange. Denn er machte Fehler. Und das, obwohl er eigentlich richtig gut gestartet war: Seine Vorstellung im Unternehmen als „Head of…“, das Kennenlernen des Teams etc. Schließlich ist Tim nicht nur kompetent, sondern auch sympathisch. Man respektierte ihn. Hochmotiviert brachte er viele neue Ideen ins Spiel und arbeitete hart. Doch dann? Zwei Monate später: Irgendwie zog das Team nicht mehr mit. Die Digitalisierung ging nur schleppend voran, die Projektergebnisse stimmten nicht. Irritiert fragte die Geschäftsleitung nach. Was war passiert? Tim war ratlos, sah seinen Bonus schwinden. Ab sofort arbeitete er noch härter. Weitere drei Monate später: Die Zahlen endgültig im Keller. Die besten Leute verließen das Schiff. Tim tröstete sich: Das reduziert meine Personalkosten. Das ist gut für meinen Bonus. Aber im Team herrschte das blanke Chaos. Alle, auch Tim selbst, hatten die Orientierung verloren. „Ihre ersten 100 Tage im neuen Job waren nicht erfolgreich“, kritisierte der Geschäftsführer und zog die Reißleine. Platzverweis. Von positiver Fehlerkultur keine Spur.
Zugegeben - Tim hatte ein paar grundlegende Fehler gemacht. Er hatte ausschließlich das gemacht, was er schon immer gut konnte: Operatives Business auf hohem Niveau. Er hatte sich auf Projekte gestürzt, konzipiert, entwickelt und – allzu oft im stillen Kämmerlein - an seinen Bonus gedacht. Aber sein Team? Das war für ihn nur eine Art verlängerter Arm, Erfüllungsgehilfen ohne die Chance, eigene Ideen einzubringen, unterstützendes Werkzeug bei seinen eigenen Aufgaben. Ein Fehler – doch niemand erkannte sein Defizit. Wie wäre es besser gelaufen?
Autor
Albrecht von Bonin
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