Krankschreibung in der Kündigungsfrist provoziert Zweifel

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Arbeitgeber können nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts Krankschreibungen anzweifeln, wenn diese den Zeitraum einer Kündigungsfrist abdecken. Der Beweiswert ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen könne erschüttert sein, «wenn der arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung eine oder mehrere Folgebescheinigungen vorlegt, die passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfassen», heißt es in einem Urteil der höchsten deutschen Arbeitsrichter von Mittwoch in Erfurt.

Das gelte insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer «unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufnimmt» (5 AZR 137/23). «Stets erforderlich ist allerdings eine einzelfallbezogene Würdigung der Gesamtumstände», so die Bundesarbeitsrichter. Verhandelt wurde ein Fall aus Niedersachsen.

Der Kläger war als Helfer bei einem Unternehmen beschäftigt. Er legte einen Tag, bevor ein Kündigungsschreiben bei ihm eintraf, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, die bis zum Ende seiner Kündigungsfrist zwei Mal verlängert wurde. Am Tag darauf war er wieder arbeitsfähig und startete in einen neuen Job. Sein Ex-Arbeitgeber verweigerte ihm die Entgeltfortzahlung. Dem widersprach der Arbeiter - mit Erfolg in den Vorinstanzen in Niedersachsen, die ihm Anspruch auf Entgeltfortzahlung zubilligten.

Die Revision seines Ex-Arbeitgebers vor dem Bundesarbeitsgericht hatte jedoch zumindest für den größeren Teil der Kündigungsfrist Erfolg - obwohl der Kläger «die von ihm behauptete Arbeitsunfähigkeit mit ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachweisen» konnte.

Deren Beweiswert könne der Arbeitgeber erschüttern, wenn er Umstände darlege und möglicherweise beweise, die bei einer «Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geben», so das Bundesarbeitsgericht. Dabei sei unerheblich, ob es sich um eine Kündigung des Arbeitnehmers oder eine durch den Arbeitgeber handele.

Das Landesarbeitsgericht soll nun prüfen, ob der Kläger ab der ersten Krankschreibung nach Erhalt der Kündigung eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit darlegen und beweisen kann - als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Arbeit auf Abruf: Alles das Gleiche? Nein, denn das eine gilt als Arbeitszeit und das andere nicht. Wann wird es bezahlt - und wann nicht?

Der Lachs hat den Alaska-Seelachs wieder als Lieblingsfisch der Deutschen abgelöst. Insgesamt kauften die Bundesbürger im vergangenen Jahr weniger Fisch, bezahlten dafür aber mehr.

Einmal abgemahnt, dann gekündigt? Kann es wirklich so schnell gehen? Was genau eine Abmahnung bedeutet und wie viele man als Arbeitnehmer kassieren kann.

Viele Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden, zeigen aktuelle Daten. Oft passen Erwartungen und Angebot nicht zusammen. Was heißt das für Jugendliche auf Stellensuche? Ein Experte erklärt es.

Nach drei Jahren mit massivem Reallohnrückgang holen die Tarifbeschäftigten in Deutschland mächtig auf. Ihre Gehälter wachsen so schnell wie seit langem nicht. Das wird aber nicht so bleiben.

Die Betriebsferien ermöglichen es Arbeitgebern, einen Zeitraum festzulegen, in dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Urlaub nehmen müssen. Aber: Einfach so und spontan geht das nicht.

In der Corona-Pandemie haben zahlreiche Beschäftigte von zu Hause gearbeitet. Trotz aktueller Debatten über die Rückkehr ins Büro zeigt eine neue Studie: In vielen Firmen ist das Homeoffice etabliert.