Mindestlohn hatte nur geringe Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Schon im Juli dieses Jahres stieg der Mindestlohn auf 10,45 Euro brutto je Stunde. Im Oktober wird dann die Lohnuntergrenze auf 12 Euro angehoben. Eine Studie des ZEW Mannheim im Auftrag der Mindestlohnkommission zeigt nun, dass die Mindestlohn-Einführung 2015 sowie die erste Erhöhung im Januar 2017 kaum Marktaustritte von Unternehmen verursacht hat. Die Forscher stellen außerdem fest, dass manche Branchen durch die Lohnuntergrenze teils sogar produktiver wurden – und so den Wettbewerb insgesamt förderten.

Inwiefern sich eine Lohnuntergrenze auf Wettbewerbsindikatoren wie Marktaustritte und die Arbeitsproduktivität auswirkt, hat das ZEW untersucht: „Hauptaspekt unserer Untersuchung waren die Lohnkostenerhöhungen, die durch den Mindestlohn verursacht werden und am Ende die Wettbewerbsbedingungen von Unternehmen beeinflussen“, sagt Moritz Lubczyk, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ am ZEW und Co-Autor der Studie.

Ein wichtiges Ergebnis: Sowohl die Einführung 2015 als auch die erste Erhöhung des Mindestlohns 2017 hatten nicht zur Folge, dass sich die Wettbewerbsintensität für Unternehmen in Deutschland verändert hat – zumindest nicht wesentlich. In Arbeitsmarktregionen, in denen mehr Arbeitnehmer/innen vor der Mindestlohneinführung weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdienten, verließen zwar Kleinstunternehmen, also Unternehmen mit vier oder weniger Mitarbeiter/-innen, den Markt. Gezeigt hat sich das vor allem in den ehemaligen ostdeutschen Bundesländern, wo der Bruttodurchschnittslohn 2015, zum Untersuchungszeitpunkt, wesentlich niedriger war als im Westen.

Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist das aber nicht zwingend ein Problem: „Oft sind es die unproduktiveren Unternehmen, die den Markt verlassen. Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit konnte jedoch nicht beobachtet werden. Solange die Arbeitsnachfrage hoch ist, finden die betroffenen Arbeitnehmer/innen bei anderen Unternehmen eine Folgebeschäftigung“, so Moritz Lubczyk.

Höherer Mindestlohn, effizienteres Arbeiten?

Die Studie bestätigt aber nicht nur, dass der Mindestlohn kaum Auswirkungen auf Marktaustritte hatte. Auch hat sich gezeigt, dass in Branchen, die besonders von der Einführung des Mindestlohns betroffen waren (etwa die Spiel-, Wett- und Lotteriewesen, die Werbebranche oder das Verlagswesen) die Arbeitsproduktivität – also der Umsatz im Verhältnis zu den eingesetzten Arbeitskräften – angestiegen ist.

Die Studie gibt mehrere Erklärungsansätze: „Zum einen kann das damit zusammenhängen, dass Unternehmen verstärkt in Kapital, also Maschinen oder Technologien, investieren und somit ihre Arbeitskräfte produktiver einsetzen; andererseits ist denkbar, dass Unternehmen statt auf geringfügige mehr auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse setzen und auch somit die Produktivität der Arbeitnehmer/innen steigt“, sagt Lubczyk. Ein weiterer Grund: „Wenn vor allem weniger produktive Unternehmen aus dem Markt austreten, dann steigt die durchschnittliche Produktivität der gesamten Branche.“
 
Als Datengrundlage diente den Forscher/innen das Mannheimer Unternehmenspanel (MUP), die Verdienststrukturerhebung (VSE) sowie Datensätze der integrierten Erwerbsbiografien (IEB) für Branchen und Regionen. Um die Bedeutsamkeit der Veränderungen beurteilen zu können, wurden die Daten von 2010, also deutlich vor Einführung des Mindestlohns, bis 2018 miteinander verglichen.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Wenn Mitarbeiter oder Führungskräfte in der Öffentlichkeit über ihren Arbeitgeber lästern oder gar Geheimnisse ausplaudern, kann sie das ihren Job kosten. Denn Verschwiegenheit ist nicht nur eine Stilfrage, sondern auch ein rechtlicher Anspruch. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Taylor Swift hat ihre Fans in Deutschland begeistert. Frohlocken konnten aber auch die Gastgeber an den Auftrittsorten. Eine Mastercard-Auswertungen verdeutlicht den „Swift-Effekt”.

Eine Studie zeigt: Die Vorschläge der KI-Chatbots ChatGPT und Gemin sind meist gesünder als das, was Menschen im Durchschnitt täglich zu sich nehmen. Eine professionelle Ernährungsberatung können die KI-Chatbots jedoch nicht ersetzen.

Kinder und Jugendliche nehmen trotz eines Rückgangs ihres Zuckerkonsums im Vergleich zu früher immer noch zu viel Zucker zu sich. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Bonn, die die Aufnahme von freiem Zucker im Alter von 3 bis 18 Jahren ausgewertet hat.

Das Smartphone nicht sofort griffbereit zu haben - für die meisten von uns fast unvorstellbar. Manche Arbeitgeber aber verbieten die private Handynutzung am Arbeitsplatz. Ist das erlaubt?

Ferienwohnungen bieten einigen Komfort. Doch wenn etwas zu Bruch geht, kann das die Freude schnell trüben. Welche Versicherungen wichtig sind – und worauf Urlauber besonders achten sollten.

Auch im Frühjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter gestiegen. Im zweiten Quartal dieses Jahres gingen 46,1 Millionen Menschen einem Job nach oder waren selbstständig. Neue Jobs entstanden allerdings fast ausschließlich in einem Bereich.

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.