OLG München: Facebook darf Pseudonyme verbieten

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Bricht Mister X im Internet leichter die Regeln als Lieschen Müller - und sollte man deswegen die Nutzung von Pseudonymen in sozialen Netzwerken verbieten? Das ist der Kern der politischen Debatte um die sogenannte Klarnamenpflicht. Um die juristische Debatte hat sich das Oberlandesgericht München gekümmert: In zwei Urteilen kam es am Dienstag zum Schluss, dass Facebook von seinen Nutzern verlangen darf, ihre echten Namen zu verwenden. Rechtskräftig sind die Entscheidungen aber noch nicht.

Die Richter verwiesen dabei explizit auf die Probleme, die Anonymität im Netz mit sich bringt. «Bei der Verwendung eines Pseudonyms liegt die Hemmschwelle nach allgemeiner Lebenserfahrung deutlich niedriger», schreiben sie in beiden Urteilen. Dagegen sei die Verpflichtung, den wahren Namen zu benutzen, grundsätzlich geeignet, «Nutzer von einem rechtswidrigen Verhalten im Internet abzuhalten». Facebook habe «angesichts eines mittlerweile weit verbreiteten sozialschädlichen Verhaltens im Internet - Cyber-Mobbing, Belästigungen, Beleidigungen und Hassrede» - ein legitimes Interesse daran.

Auch Facebook begründet die Klarnamenpflicht in seinen Nutzungsbedingungen ähnlich. Dort heißt es: «Wenn Personen hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft sicherer und kann stärker zur Rechenschaft gezogen werden.» Die Entscheidung des OLGs begrüßte der Konzern. Viele andere soziale Medien erlauben dagegen die Nutzung von Pseudonymen.

Facebook sieht die Nutzung des echten Namens als zentrales Element seines Angebots. Bei Hinweisen auf Pseudonyme geht das Unternehmen der Frage nach, ob es sich um echte Namen handelt. Eine flächendeckende Überprüfung gibt es dem Konzern zufolge allerdings nicht. Dazu, wie viele Profile unter echten und wie viele unter Pseudonymen existieren, nennt das Unternehmen keine Zahlen.

In den beiden vorliegenden Fällen hatte Facebook die Profile zweier Personen gesperrt, die Fantasienamen verwendeten. Die Landgerichte Traunstein und Ingolstadt hatten dazu in erster Instanz unterschiedlich befunden. In Ingolstadt war die Klarnamenpflicht verworfen, in Traunstein bestätigt worden.

Beim in Traunstein verhandelten Fall waren zudem rassistische Postings über schwarze Kannibalen und einen tanzenden Adolf Hitler hinzugekommen, derentwegen Facebook das Profil erneut gesperrt hatte. Auch dies war ursprünglich Teil des Verfahrens. Nachdem das OLG in der mündlichen Verhandlung aber zu erkennen gegeben hatte, dass es diese Sperrung wohl ebenfalls als rechtmäßig ansehen wird, hatte der Kläger diesen Teil der Berufung zurückgezogen.

Eine zentrale Rolle für die Entscheidung hatte die Frage gespielt, ob das deutsche Telemediengesetz oder die EU-Datenschutzgrundverordnung entscheidend ist. In ersterem heißt es, dass eine Nutzung unter Pseudonym ermöglicht werden muss, «soweit dies technisch möglich und zumutbar ist». In der zweiten wird dies nur als Möglichkeit genannt. Am Ende kam das OLG zum Schluss, dass das Pseudonym in den aktuellen Fällen für Facebook nicht zumutbar ist. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Kinder und Jugendliche nehmen trotz eines Rückgangs ihres Zuckerkonsums im Vergleich zu früher immer noch zu viel Zucker zu sich. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Bonn, die die Aufnahme von freiem Zucker im Alter von 3 bis 18 Jahren ausgewertet hat.

Das Smartphone nicht sofort griffbereit zu haben - für die meisten von uns fast unvorstellbar. Manche Arbeitgeber aber verbieten die private Handynutzung am Arbeitsplatz. Ist das erlaubt?

Ferienwohnungen bieten einigen Komfort. Doch wenn etwas zu Bruch geht, kann das die Freude schnell trüben. Welche Versicherungen wichtig sind – und worauf Urlauber besonders achten sollten.

Auch im Frühjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter gestiegen. Im zweiten Quartal dieses Jahres gingen 46,1 Millionen Menschen einem Job nach oder waren selbstständig. Neue Jobs entstanden allerdings fast ausschließlich in einem Bereich.

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Arbeit auf Abruf: Alles das Gleiche? Nein, denn das eine gilt als Arbeitszeit und das andere nicht. Wann wird es bezahlt - und wann nicht?

Der Lachs hat den Alaska-Seelachs wieder als Lieblingsfisch der Deutschen abgelöst. Insgesamt kauften die Bundesbürger im vergangenen Jahr weniger Fisch, bezahlten dafür aber mehr.

Einmal abgemahnt, dann gekündigt? Kann es wirklich so schnell gehen? Was genau eine Abmahnung bedeutet und wie viele man als Arbeitnehmer kassieren kann.