Regierung stemmt sich mit Kurzarbeitergeld gegen Corona-Rezession

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Bundesregierung will mit Kurzarbeitergeld und Geldspritzen für Unternehmen Entlassungen und Firmenpleiten wegen der Corona-Epidemie verhindern. «Unser Ziel ist es, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden und entschlossen und frühzeitig zu handeln», sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Dienstag in Berlin. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte: «Es ist eine ungewöhnlich ernste Lage.» In einem Schnellverfahren brachte die Regierung erweiterte Möglichkeiten für Kurzarbeitergeld auf den Weg.

KURZARBEITERGELD:

Mehr Unternehmen sollen als bisher sollen die Leistung der Bundesagentur für Arbeit (BA) ab April beantragen können. Betriebe sollen Kurzarbeitergeld schon nutzen können, wenn nur 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind - statt wie bisher ein Drittel. Die Sozialbeiträge sollen ihnen zudem voll von der BA erstattet werden.

Die Grenze für die Auszahlung soll zudem von 12 auf 24 Monate verschoben werden. Auch für Leiharbeiter soll Kurzarbeitergeld gezahlt werden können. Die BA übernimmt bei dieser Leistung 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, wenn ein Unternehmen Mitarbeiter in Kurzarbeit schickt. Bei Arbeitnehmern mit Kind sind es 67 Prozent.

Die Neuerungen wurden mit Heils «Arbeit-von-morgen-Gesetz» beschlossen - und zwar per Umlaufverfahren zwischen den Ministerinnen und Ministern, anstatt wie üblich in der mittwöchlichen Kabinettssitzung. Denn schon am Freitag soll das Gesetz erstmals in Bundestag und Bundesrat beraten werden, und dafür gilt eine entsprechende Frist. Im April sollen die Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld dann durch eine Verordnung Heils in Kraft gesetzt werden. Diese Verordnung soll bis Ende des Jahres gelten. Die Regierung soll bis Ende 2021 ermächtigt werden, solche Verordnungen zu erlassen.

Heil erinnerte an die Finanz- und Wirtschaftskrise, die 2009 in einer tiefen Rezession mündete, in der die deutsche Wirtschaftsleistung um mehr als fünf Prozent einbrach. Bei der BA stehe ein Finanzpolster von 26 Milliarden Euro zur Verfügung. Falls die Notmaßnahmen mehrere Jahre gebraucht würden, würden etwa 20 Milliarden Euro benötigt, sagte Heil unter Berufung auf eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.«Wir sind in der Lage, diese Brücke ziemlich lange zu bauen.»

BUND UND LÄNDER:

Auch die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern wollen sich gegen die Krise stemmen. Altmaier sagte nach ihrem Treffen: «Wir wollen, dass möglichst kein Unternehmen in Deutschland nur aufgrund der Corona-Epidemie in die Insolvenz gehen muss.» Die Unternehmen würden nicht im Stich gelassen. Die wirtschaftlichen Folgen des neuartigen Coronavirus könnten sich verschärfen. In einem Kommuniqué bekräftigen die Minister, sie seien jederzeit bereit und in der Lage, angemessen und schnell notwendige Entscheidungen zu treffen - auch weitergehende und umfassende Maßnahmen im Falle von tiefergehenden konjunkturellen Folgen.

WEITERE SCHRITTE:

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Altmaier wollen noch in dieser Woche über weitere mögliche Liquiditätshilfen für Unternehmen informieren, wie der Wirtschaftsminister sagte. Bereits bisher könnten solche Hilfen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau gegeben werden. Die Bremer Senatorin und Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz, Kristina Vogt (Linke), sprach sich für Erleichterungen beim EU-Beihilferecht aus, dabei geht es vor allem um mögliche Hilfen für größere Firmen.

SCHLECHTE NACHRICHTEN:

Aus mehreren Bereichen der Wirtschaft kommen schlechte Nachrichten. Heil sagte, die Absage von Messen habe Folgen für Hotels und Gaststätten. Der Maschinenbau und die Autoindustrie leide unter der Kappung von Zulieferketten. Tui-Chef Fritz Joussen bereitete Kunden und Mitarbeiter auf möglicherweise länger anhaltende Folgen der Coronakrise vor. In Frankfurt wurde die geplante Landwirtschaftsmesse Land und Genuss verschoben. Selbst bei der Europäische Zentralbank (EZB) gibt es einen ersten bestätigten Coronavirus-Fall.

HOMEOFFICE:

In vielen Unternehmen beraten die Chefs mit der Belegschaft Notfallpläne. Heil und Altmaier wandten sich aber dagegen, angesichts der Krise den Unternehmen nun allgemein Homeoffice zum Schutz der Arbeitnehmer vorzuschlagen. «Es gibt keinen Rechtsanspruch zu mobilem Homeoffice», sagte Heil. «Wer sich krank fühlt, kann sich krank melden.» Das wirtschaftliche Leben solle nicht lahmgelegt werden. «Unternehmen müssen den Freiraum haben, zu entscheiden, was sinnvolle Maßnahmen sind», sagte Altmaier. Der CDU-Politiker und Heil demonstrierten insgesamt den Schulterschluss der Regierung im Zeichen der Krise: «Solche Zeiten sind Zeiten des Pragmatismus, des Handelns, der Besonnenheit», sagte Heil.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Wenn Mitarbeiter oder Führungskräfte in der Öffentlichkeit über ihren Arbeitgeber lästern oder gar Geheimnisse ausplaudern, kann sie das ihren Job kosten. Denn Verschwiegenheit ist nicht nur eine Stilfrage, sondern auch ein rechtlicher Anspruch. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Taylor Swift hat ihre Fans in Deutschland begeistert. Frohlocken konnten aber auch die Gastgeber an den Auftrittsorten. Eine Mastercard-Auswertungen verdeutlicht den „Swift-Effekt”.

Eine Studie zeigt: Die Vorschläge der KI-Chatbots ChatGPT und Gemin sind meist gesünder als das, was Menschen im Durchschnitt täglich zu sich nehmen. Eine professionelle Ernährungsberatung können die KI-Chatbots jedoch nicht ersetzen.

Kinder und Jugendliche nehmen trotz eines Rückgangs ihres Zuckerkonsums im Vergleich zu früher immer noch zu viel Zucker zu sich. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Bonn, die die Aufnahme von freiem Zucker im Alter von 3 bis 18 Jahren ausgewertet hat.

Das Smartphone nicht sofort griffbereit zu haben - für die meisten von uns fast unvorstellbar. Manche Arbeitgeber aber verbieten die private Handynutzung am Arbeitsplatz. Ist das erlaubt?

Ferienwohnungen bieten einigen Komfort. Doch wenn etwas zu Bruch geht, kann das die Freude schnell trüben. Welche Versicherungen wichtig sind – und worauf Urlauber besonders achten sollten.

Auch im Frühjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter gestiegen. Im zweiten Quartal dieses Jahres gingen 46,1 Millionen Menschen einem Job nach oder waren selbstständig. Neue Jobs entstanden allerdings fast ausschließlich in einem Bereich.

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.