Smartphones als Liebestöter? - Deutsche im Freizeitstress

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Smartphones als Liebestöter? - Deutsche im Freizeitstress

Von Christiane Bosch, dpa

Die Deutschen haben verlernt, ihre Freizeit zu genießen - und der Hauptgrund dafür ist das Smartphone: Das geht aus der repräsentativen Studie «Freizeit-Monitor 2019» hervor, die die Stiftung für Zukunftsfragen am Donnerstag veröffentlicht hat. «Rein wissenschaftlich betrachtet ist das eine Katastrophe. Wir wollen uns mit Dingen beschäftigen, faulenzen, Freunde treffen (...) - aber wir schaffen es nicht, weil wir Angst haben, etwas zu verpassen oder die falschen Entscheidungen zu treffen», sagte Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der repräsentativen Untersuchung, der Deutschen Presse-Agentur. Freizeit werde immer mehr zur Stresszeit, so der 48-Jährige.

Die sozialen Medien helfen dabei nur begrenzt, im Gegenteil: Die perfekten Bilder der Anderen auf Instagram und Co. würden viele unter Druck setzen. «Sie haben sogar Angst davor, dass andere mehr Spaß haben.» Die Folge sei der Wunsch, aus allem nur das Beste herauszuholen. «Es gibt einen Trend zur Optimierung, der im ganzen Leben stattfindet. Auf der Arbeit, für den Körper und eben auch in der Freizeit.» Das schaffe Stress, Freizeitstress.

58 Prozent der Befragten gaben an, sich in ihrer Freizeit zu viel vorzunehmen. Insbesondere Jugendliche, junge Erwachsene und Singles springen von einer Aktivität zur nächsten, wollen überall dabei sein und sich möglichst nichts entgehen lassen, heißt es in der Studie. Ein Fazit des «Freizeit-Monitors» sei deshalb: «Viele sind in ihrer Freizeit immer weniger in der Lage, ihre Aktivitäten auch zu genießen.»

Der Freizeitstress soll sogar Auswirkungen auf das Liebesleben der Menschen haben. Nur etwa jeder zweite Bundesbürger (52 Prozent) hat laut «Freizeit-Monitor» wenigstens einmal pro Monat Sex. Vor fünf Jahren seien es noch 56 Prozent gewesen, sagte Reinhardt. Ein Grund dafür sei die ausgeprägtere Smartphone-Nutzung. «Wenn der Partner die ganze Zeit am Telefon ist, ist das nicht gerade eine romantische Stimmung, die da entsteht.»

Die Zweisamkeit gehe mit der zunehmenden Medialisierung zurück. Das Smartphone ist zur attraktiven Freizeitmöglichkeit geworden, die immer und überall möglich ist. «Damit werden auch Pausen in der Freizeit gefüllt. Das Smartphone wird zum Lückenfüller. Das ist kontraproduktiv für die Zeit, die ich sonst mit meiner Partnerin oder meinem Partner verbringen würde.»

Interessanterweise sollen Eltern noch den meisten Sex haben. So hätten 59 Prozent der Eltern in der Altersgruppe der 25- bis 49-Jährigen wenigstens einmal die Woche Sex und 82 Prozent mindestens einmal im Monat. Knapp dahinter folgen laut «Freizeit-Monitor» die kinderlosen Paare (58 Prozent wöchentlich und 85 Prozent monatlich). Am wenigsten Sex haben der Studie zufolge Singles (27 Prozent wenigstens einmal die Woche Sex, 49 Prozent zumindest einmal im Monat) und Ruheständler (ab 65 Jahre: 7 Prozent mindestens einmal die Woche Sex, 23 Prozent monatlich).

Die besten Tricks für weniger Freizeitstress kennen anscheinend Rentner. Sie sind der Studie zufolge am meisten mit ihrer Freizeit zufrieden. Das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass sie weniger süchtig nach Smartphones sind. «Sie sind lebenserfahrener und wissen, was ihnen gut tut», bringt es Reinhardt auf den Punkt. Sie können, müssen und wollen nicht mehr überall dabei sein.

Daraus ließen sich auch die besten Tricks für eine erholsame Freizeit ableiten, so der Zukunftswissenschaftler. «Weniger vergleichen mit anderen, den Moment genießen, Single- statt Multitasking, weniger hinterfragen und vor allem digitales Detoxing.» Also: das Handy einfach mal für längere Zeit weglegen.

Vor allem dank der mittleren Generation, den 25- bis 49-Jährigen, hat er auch Hoffnung auf bessere (Frei-)Zeiten. «Sie erkennt mittlerweile, dass es schön ist, ein Hotel ohne WLAN zu haben, mehr Zeit mit den Kindern, der Familie zu verbringen und einfach zu lesen und zu entspannen.» Diese Generation habe wieder mehr Sehnsucht nach sozialer Zeit. «Die Familie erlebe eine Renaissance, aber auch die Nachbarschaft.»


 

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