Studie: Fleischesser mit Appetit auf vegetarische Ersatzprodukte

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Nicht nur Vegetarier, sondern auch etliche Fleischesser stehen Fleisch-Ersatzprodukten mittlerweile recht offen gegenüber. Immerhin knapp jeder Vierte von rund 2000 Befragten gab in einer Studie an, schon mindestens einmal solche Produkte gekauft zu haben.

Auftraggeber der Befragung waren 2018 das Umweltbundesamt und das Landwirtschaftsministerium. Die aktuelle Auswertung der Daten stammt vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln.

Vier Fünftel von denen, die Ersatzprodukte für Steak, Wurst & Co. bereits probiert haben, können sich vorstellen, sie erneut zu kaufen. Sogar unter denen, die mindestens vier Mal pro Woche Fleisch essen, können sich zwei Drittel vorstellen, erneut Ersatzprodukte zu kaufen. Die Autoren der Studie erklären die Offenheit damit, dass übermäßiger Fleischkonsum in der öffentlichen Debatte mittlerweile häufig in der Kritik steht. Laut Landwirtschaftsministerium bezeichnen sich allerdings nur rund sechs Prozent der Deutschen als Vegetarier.

Bei jenen Befragten, die bislang noch keine Ersatzprodukte probiert haben, ist nach Angaben der Studie allerdings auch die Bereitschaft gering, das zu ändern: Nur etwa jeder Zehnte davon kann sich vorstellen, die Alternativprodukte überhaupt einmal zu probieren.

 

 

Schnitzel, Gulasch oder Braten - Fleisch ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Ernährung in Deutschland. Jeder Bundesbürger verspeiste 2018 im Schnitt 60 kg Fleisch (BLE, 2019). Fleisch und Fleischprodukte machten im Jahr 2018 knapp ein Viertel des Gesamtumsatzes der Ernährungsindustrie aus (BVE, 2019).

Eine fleischfreie bzw. fleischarme Ernährung wird jedoch vor verschiedenen Hintergründen zunehmend populärer. Zum einen gilt sie als klimaschonend. Denn die Fleischerzeugung verbraucht große Flächen für die Futtermittelproduktion. Allein in Deutschland wird etwa 60 Prozent des angebauten Getreides als Futtermittel verwendet (UBA, 2018). Insgesamt werden bei der Produktion von Fleisch deutlich mehr Treibhausgas-Emissionen erzeugt und andere Ressourcen verbraucht als bei der Produktion von vegetarischen Nahrungsmitteln. Beispielsweise werden für die Herstellung eines Kilogramms Rindfleisch etwa zehn Mal mehr klimaschädliche Gase freigesetzt als bei der Produktion eines Kilogramms Mischbrot (UBA, 2015). Neben diesen Argumenten werden auch moralische Fragen wie die Haltungsbedingungen in der Viehzucht und gesundheitliche Aspekte, z.B. durch den vermehrten

Einsatz von Antibiotika, diskutiert.
Angesichts der zunehmenden Kritik an übermäßigem Fleischkonsum ist es nicht verwunderlich, dass Fleischersatzprodukte, die Fleisch in Geschmack und Konsistenz ähneln, beliebter werden. Der Weltmarkt für diese Produkte boomt und gilt als Zukunftsträger. Das zeigt sich auch an privaten Investitionen und sogar Börsengängen von Erzeugern dieser Produkte. Die GfK schätzte den deutschen Markt für Fleischersatzprodukte im Jahr 2018 auf über 140 Millionen Euro (LZ, 2019).
 

Vegetarismus noch selten
In Deutschland ernähren sich zwischen sechs und neun Prozent vegetarisch und ein Prozent vegan (BMEL, 2019; IfD Allensbach, 2019). Aufschluss über den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Fleisch und Fleischersatzprodukten liefert die neueste Umweltbewusstseinsstudie, für die im Jahr 2018 gut 2000 Personen ab 14 Jahren repräsentativ befragt wurden (BMUB/UBA, 2019).

Eine eigene Auswertung unterteilt die befragten Personen in verschiedene Fleischkonsumtypen. Vegetarier stellen mit fünf Prozent eine deutliche Minderheit dar. Sie geben an, in der letzten Zeit nie Fleisch zu den Hauptmahlzeiten gegessen zu haben. Etwa ein Fünftel isst einmal pro Woche oder seltener Fleisch und kann somit zu den Flexitariern gezählt werden. Die übrigen drei Viertel der Bevölkerung teilen sich auf in 40 Prozent gelegentliche Fleischesser (2 bis 3 Mal pro Woche) und 35 Prozent, die in letzter Zeit mindestens 4 Mal pro Woche Fleisch zu den Hauptmahlzeiten gegessen haben.

Fast ein Viertel der Befragten gaben an, dass sie bereits einmal Fleischersatzprodukte gekauft haben. Der überwiegende Anteil derjenigen, die probiert haben, würde auch erneut zu den Produkten greifen. Die restlichen drei Viertel der Bevölkerung, die die Produkte noch nicht probiert haben, zeigen sich eher skeptisch: Nur etwa jeder Zehnte könnten sich vorstellen, die Alternativprodukte überhaupt zu probieren (BMUB/UBA, 2019). Daher stellt sich die Frage, welcher Konsumtyp Interesse an den Fleischersatzprodukten hat.

Nicht nur bei Vegetariern beliebt
Eine eigene Auswertung zeigt: In allen Gruppen von Konsumtypen hat also ein nennenswerter Anteil bereits einmal Fleischersatzprodukte gekauft. Je seltener die Befragten Fleisch essen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese Produkte bereits konsumiert haben (siehe Abbildung). Mit 80 Prozent ist der Anteil bei den Vegetariern am höchsten. Aber auch ein Viertel der Flexitarier und gut ein Fünftel der häufigeren Fleischesser haben bereits Fleischersatzprodukte gekauft. Letztlich haben sogar knapp 17 Prozent der sehr häufigen Fleischesser bereits pflanzliche Alternativprodukte probiert.

Vier Fünftel derjenigen, die die Fleischersatzprodukte gekauft haben, können sich vorstellen, dies auch in Zukunft wieder zu tun. Erneut ist die Bereitschaft bei den Vegetariern mit knapp 92 Prozent am höchsten. Doch auch mehr als zwei Drittel der Vielfleischesser können sich den zukünftigen Wiederkauf vorstellen. Wer also bereits mit den Produkten in Kontakt gekommen ist, entwickelt meist auch eine Offenheit dafür. Diejenigen, ohne bisherigen Kontakt, geben eine relativ geringe Bereitschaft an, zukünftig die Produkte zu konsumieren.

Offenheit für Alternativen
Ein Umdenken in Sachen nachhaltigere Ernährung wird aktuell viel diskutiert. Offenheit hierfür scheint auch in allen Konsumgruppen zumindest teilweise gegeben zu sein. Das zeigt sich auch bei anderen Ernährungsoptionen. Etwa 15 Prozent der Personen mit hohem Fleischkonsum haben schon einmal zeitweise auf den Verzehr von tierischen Lebensmitteln verzichtet. Davon können sich auch 86 Prozent vorstellen, das wieder zu tun. Auch von denjenigen Vielfleischessern, die bisher noch nicht zeitweise darauf verzichtet haben, können sich 22 Prozent vorstellen, das einmal zu tun. In den anderen Gruppen sind sowohl die Anteile derjenigen, die das schon probiert haben oder sich in Zukunft vorstellen könnten noch etwas höher.

Ähnlichkeit und Einfachheit für Verhaltensänderung
Positive Einstellungen gegenüber alternativen Ernährungsmöglichkeiten sind also generell vorhanden. Fraglich ist aber, ob sich diese Einstellungen auch in konkreten dauerhaften Ernährungsumstellungen niederschlagen. Insbesondere die Essensgewohnheiten sind sehr robust und folgen tradierten Kulturmustern (Hirschfelder/Pollmer, 2018). Verhaltensökonomische Erkenntnisse zeigen, dass sich Alltagsgewohnheiten einfacher dauerhaft verändern, wenn kleine Anpassungen schrittweise erfolgen, als wenn eine plötzliche große Veränderung erfolgt (White et al., 2019). Die Tatsache, dass Fleischersatzprodukte auch von Flexitariern und Fleischessern konsumiert werden, wenn auch in geringerem Umfang, ist daher vielversprechend. Die gelegentliche Umstellung des Speiseplans auf Fleischalternativen, die allerdings den bekannten Essenskategorien und Konsumgewohnheiten ähneln, kann sich langfristig dann auch in häufigerem Fleischverzicht niederschlagen.

(Mit Material der dpa und des IW Köln)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine Umfrage von Kassenanbieter Lightspeed in diversen Ländern zeigt, wie unterschiedlich das Verhalten beim Trinkgeld ist. Mehr als die Hälfte der Deutschen spricht sich gegen die Abschaffung des Trinkgelds aus. Deutsche sind die großzügigste Trinkgeldgeber in Europa. Sechs Prozent der Befragten geben Trinkgeld für Technik.

Ein belastbares und aussagekräftiges Zahlenwerk ist für die Führung der Betriebe im Gastgewerbe elementar. ETL ADHOGA, das Netzwerk von Branchenspezialisten bei Deutschlands führender Steuerberatungsgesellschaft, hat für eben jenen besonderen Bedarf das modulare Konzept ETL ADHOGA Consulting entwickelt.

Die Einführung des Elterngeldes mit längeren Abwesenheiten vor allem von Müttern hat dauerhaft keine negativen Auswirkungen auf die Betriebe. Das hat eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ergeben.

Wenn Kollegen gegeneinander arbeiten, hat das weitreichende Folgen: Die Produktivität sinkt und die Qualität der Arbeit leidet. Mehr noch: Kunden verlieren das Vertrauen, weil sie merken, dass die Mitarbeiter untereinander verstritten sind. Hier ist FÜHRUNG gefragt! Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Teurere Energie, Materialien und höhere Löhne: Der Mittelstand muss steigende Kosten bewältigen. Viele Unternehmen finden einen Ausweg, den letztlich auch Verbraucher spüren dürften.

Die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland ist nach vier Wochen erfolgreich zu Ende gegangen. Auch wenn Deutschland den Europameistertitel verpasst hat, war das Event auch aus Sicht der Tourismuswirtschaft ein Erfolg.

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Ein guter Anlass für Arbeitgeber, sich mit dem Thema Urlaub zu befassen und ihre Vorgehensweise zu überprüfen – gerade auch, um finanzielle Risiken für ihr Unternehmen zu vermeiden.

Bei einem Jobwechsel oder wenn sich der Vorgesetzte ändert, ist es wichtig, ein Arbeitszeugnis zu erhalten. Doch was tun, wenn die Bewertung von der eigenen Wahrnehmung abweicht oder schlichtweg unfair ist?

Zur EM in Deutschland hat die Gema über 26.000 öffentliche Ausstrahlungsorte für Fernsehübertragungen gezählt, die eigens zur Europameisterschaft angemeldet wurden. Die meisten Public-Viewing-Standorte befinden sich in Berlin, gemessen an der Einwohnerzahl liegt Köln an der Spitze.

Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland versenden Emojis. Fast jeder Fünfte (19 Prozent) tut dies in jeder einzelnen Nachricht, 31 Prozent in der Mehrzahl und 24 Prozent in wenigen Nachrichten. Emojis sind auch in der Job-Kommunikation üblicher geworden, stiften aber auch oft Verwirrung.