Wirtschaft startklar für Aufschwung

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Nach der wirtschaftlichen Vollbremsung zu Jahresbeginn mehren sich die Anzeichen für einen Post-Corona-Boom in Deutschland. Immer mehr Menschen sind gegen das Corona-Virus geimpft, und die Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie werden zunehmend gelockert. Die Stimmung in den Unternehmen ist so gut wie seit langem nicht. Im ersten Quartal war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) allerdings vor allem wegen eines deutlichen Rückgangs des Privatkonsums um 1,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.

Der Rückgang der Wirtschaftsleistung fiel damit etwas stärker aus als zunächst angenommen. In einer ersten Schätzung hatte die Wiesbadener Behörde das Minus auf 1,7 Prozent beziffert. Die privaten Konsumausgaben brachen infolge des Lockdowns um 5,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal ein. Normalerweise ist der Konsum eine verlässliche Stütze der heimischen Konjunktur. «Bleiben Läden, Kinos und Theater zu, nimmt die Volkswirtschaft einen deutlichen Schaden», erläuterte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

Dämpfend wirkte auch das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung zum Jahreswechsel. Verbraucher hatten wegen der niedrigeren Steuersätze Anschaffungen auf das zweite Halbjahr 2020 vorgezogen. Diese Käufe fehlten nun in der Konsumstatistik der ersten drei Monate des laufenden Jahres.

Mangels Konsummöglichkeiten und dank weitgehend stabiler Einkommen in der Krise sparten die Menschen wie die Weltmeister. Nach vorläufigen Angaben der Statistiker stieg die Sparquote im ersten Quartal auf 23,2 Prozent. Von 100 Euro verfügbarem Einkommen legten die Haushalte somit im Schnitt gut 23 Euro auf die hohe Kante. Ökonomen rechnen damit, dass Verbraucher in den kommenden Monaten einen Teil des Konsums nachholen und damit die Konjunktur anschieben.

«Es zeichnet sich ein entspannter Sommer ab, der die Ladenkassen in den deutschen Innenstädten klingeln lassen wird», meinte Volkswirt Gitzel. «Vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe wird sich auf einen Besucheransturm freuen können.»

Der Lockdown belastete vor allem Dienstleister. In der Industrie stehen die Zeichen schon seit geraumer Zeit auf Erholung. Die Auftragsbücher sind wieder gut gefüllt, und das starke Wachstum der Weltkonjunktur hilft der Exportnation Deutschland. Im ersten Quartal stiegen die Importe von Waren und Dienstleistungen (plus 3,8 Prozent) allerdings deutlich stärker als die Exporte (plus 1,8 Prozent).

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft verbesserte sich im Mai überraschend deutlich. Das Ifo-Geschäftsklima stieg auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. Sowohl die Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen als auch die Lagebeurteilung hellten sich auf. «Die deutsche Wirtschaft nimmt Fahrt auf», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. «Vor allem in Gastgewerbe und Tourismus kehrte Optimismus zurück.» Der Großhandel profitiere weiter von der Industriekonjunktur. Die Einzelhändler hofften auf weitere Corona-Lockerungen.

Nach Einschätzung von ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski dürfte die deutsche Wirtschaft ihr Vorkrisen-Niveau noch vor Ende des laufenden Jahres erreichen. Die staatliche Förderbank KfW hob ihre Konjunkturprognose leicht an. Sie rechnet nun mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent im Gesamtjahr. «Deutschland und auch die ganze Eurozone starten in die konjunkturelle Aufholjagd», sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Nach dem Absturz zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 hatte sich Europas größte Volkswirtschaft zunächst wieder erholt und war zwei Quartale in Folge teils kräftig gewachsen. Nach Einschätzung von Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung dürfte das erste Quartal das letzte Quartal mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in der Corona-Krise gewesen sein.

Die Bundesregierung rechnete in ihrer jüngst angehobenen Prognose für das laufende Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent. Ökonomen der Deutschen Bank gehen in ihrer aktuellen Prognose von einem Plus von 4,0 Prozent aus. Die deutsche Wirtschaft sei «startklar für den Aufschwung». Im vergangenen Jahr war das Bruttoinlandsprodukt nach neuester Berechnung um 4,8 Prozent eingebrochen. Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist zuversichtlich: «Endlich erwacht das wirtschaftliche Leben, es zeichnet sich ein Post-Corona-Boom ab.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Kinder und Jugendliche nehmen trotz eines Rückgangs ihres Zuckerkonsums im Vergleich zu früher immer noch zu viel Zucker zu sich. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universität Bonn, die die Aufnahme von freiem Zucker im Alter von 3 bis 18 Jahren ausgewertet hat.

Das Smartphone nicht sofort griffbereit zu haben - für die meisten von uns fast unvorstellbar. Manche Arbeitgeber aber verbieten die private Handynutzung am Arbeitsplatz. Ist das erlaubt?

Ferienwohnungen bieten einigen Komfort. Doch wenn etwas zu Bruch geht, kann das die Freude schnell trüben. Welche Versicherungen wichtig sind – und worauf Urlauber besonders achten sollten.

Auch im Frühjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter gestiegen. Im zweiten Quartal dieses Jahres gingen 46,1 Millionen Menschen einem Job nach oder waren selbstständig. Neue Jobs entstanden allerdings fast ausschließlich in einem Bereich.

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Arbeit auf Abruf: Alles das Gleiche? Nein, denn das eine gilt als Arbeitszeit und das andere nicht. Wann wird es bezahlt - und wann nicht?

Der Lachs hat den Alaska-Seelachs wieder als Lieblingsfisch der Deutschen abgelöst. Insgesamt kauften die Bundesbürger im vergangenen Jahr weniger Fisch, bezahlten dafür aber mehr.

Einmal abgemahnt, dann gekündigt? Kann es wirklich so schnell gehen? Was genau eine Abmahnung bedeutet und wie viele man als Arbeitnehmer kassieren kann.