Work-Life-Balance: Beschäftigte in Deutschland wollen weniger arbeiten

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland möchte nach einem Arbeitszeitreport weniger arbeiten. 53 Prozent der Berufstätigen wollen demnach ihre wöchentliche Arbeitszeit von derzeit durchschnittlich 38,4 Stunden verkürzen. Und knapp die Hälfte wünscht sich die Verteilung der Arbeitszeit auf weniger als fünf Arbeitstage, wie aus dem Arbeitszeitreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hervorgeht, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Als Datenbasis diente eine repräsentative Befragung von 20.000 Beschäftigten aus dem Jahr 2021.

Die deutsche Metall- und Elektroindustrie fordert angesichts der anstehenden Reform des Arbeitszeitgesetzes mehr Spielraum für Arbeitgeber und Beschäftigte. «Die Arbeitszeiten, die wir heute in Deutschland haben, gehören wirklich zu den kürzesten der Welt», sagte der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, am Dienstag. «Wer Wohlstand will, muss diese kurzen Arbeitszeiten dann wenigstes hochflexibel und unbürokratisch verteilen können.» Stechuhren passten nicht in die Zeit.

Die Gewerkschaft IG Metall forderte, dass der Arbeitsschutz im Fokus einer neuen Regelung zur Arbeitszeiterfassung stehen müsse. Zugleich müsse es Spielräume für selbstbestimmte Zeitgestaltung geben. Den Arbeitgeberforderungen hielt Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban entgegen: «Die Arbeitszeiten massiv auszudehnen und die Ruhezeiten zu verkürzen, ist kein Beitrag zur Fachkräftesicherung.» Wer über das jetzige gesetzliche Maß hinaus arbeiten lassen wolle, betreibe Raubbau an der Gesundheit der Beschäftigten. Zu lange Arbeitszeiten führten etwa zu mehr Krankheitsfällen.

Anja Piel vom Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) betonte: «Beschäftigte wollen nicht noch mehr schuften - schon gar nicht wollen sie unbezahlt Überstunden machen.» Anhaltender Selbstausbeutung, Dauererreichbarkeit und ungesunder Arbeit werde eine Absage erteilt. «Besonders Arbeitgeber auf Fachkräftesuche sollten sich die Ergebnisse dieser Befragung ganz genau anschauen: Gute Arbeitsbedingungen stehen auf der Prioritätenliste der Beschäftigten ganz weit oben», betonte Piel. «Nicht alle Arbeitgeber sind schon in der neuen Realität angekommen.»

Atypische Arbeitszeiten wie Schicht- oder Wochenendarbeit führen laut dem Arbeitszeitbericht häufig zu weniger Zufriedenheit mit der sogenannten Work-Life-Balance - also dem ausgewogenem Verhältnis zwischen beruflichen Anforderungen und dem Privatleben. Für drei Viertel der Soloselbständigen sei dies an der Tagesordnung. Die Möglichkeiten des Homeoffice würden gerne genutzt. Die Arbeit von zu Hause habe durch die Corona-Pandemie deutlich zugenommen.

Positiv auf die Work-Life-Balance wirke sich die Erfassung von Arbeitszeiten aus. Für vier von fünf Beschäftigten gehöre sie zum Arbeitsalltag. Ständige Erreichbarkeit, berufliche Kontakte in der Freizeit und kurze Ruhezeiten von weniger als elf Stunden führten hingegen zu Unzufriedenheit und einer negativen Work-Life-Balance.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Ferienwohnungen bieten einigen Komfort. Doch wenn etwas zu Bruch geht, kann das die Freude schnell trüben. Welche Versicherungen wichtig sind – und worauf Urlauber besonders achten sollten.

Auch im Frühjahr ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland weiter gestiegen. Im zweiten Quartal dieses Jahres gingen 46,1 Millionen Menschen einem Job nach oder waren selbstständig. Neue Jobs entstanden allerdings fast ausschließlich in einem Bereich.

Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt wohl nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Was weiß der Arbeitgeber schon über den Bewerber, bevor er zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird? Eine Suchmaschinenabfrage kann vieles preisgeben. Aber ist das auch erlaubt?

Die Distributionsstrategie eines Unternehmens bildet einen essenziellen Bestandteil seiner langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität. In einer globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumgebung ist die strategische Planung und Implementierung von Distributionskanälen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg. Ein Gastbeitrag der HSMA.

Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Arbeit auf Abruf: Alles das Gleiche? Nein, denn das eine gilt als Arbeitszeit und das andere nicht. Wann wird es bezahlt - und wann nicht?

Der Lachs hat den Alaska-Seelachs wieder als Lieblingsfisch der Deutschen abgelöst. Insgesamt kauften die Bundesbürger im vergangenen Jahr weniger Fisch, bezahlten dafür aber mehr.

Einmal abgemahnt, dann gekündigt? Kann es wirklich so schnell gehen? Was genau eine Abmahnung bedeutet und wie viele man als Arbeitnehmer kassieren kann.

Viele Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden, zeigen aktuelle Daten. Oft passen Erwartungen und Angebot nicht zusammen. Was heißt das für Jugendliche auf Stellensuche? Ein Experte erklärt es.

Nach drei Jahren mit massivem Reallohnrückgang holen die Tarifbeschäftigten in Deutschland mächtig auf. Ihre Gehälter wachsen so schnell wie seit langem nicht. Das wird aber nicht so bleiben.