Corona in der Luft: Gastronomen sollen auf Durchzug schalten - sagen Virologen

| Gastronomie Gastronomie

Im Biergarten weht den Besuchern eh ein laues Lüftchen um die Nase. Aber auch Restaurants sollten wegen Corona auf Durchzug schalten. Das neuartige Virus verbreite sich vor allem durch die Luft, sagen Wissenschaftler und sehen schon wieder Folgen für das gerade startende Gastgewerbe.

Nach Wochen coronabedingter Einschränkungen des öffentlichen Lebens lockern die Bundesländer seit Tagen ihre Anti-Pandemie-Maßnahmen. Die Wiedereröffnung in der Gastronomie ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Als bundesweiter Vorreiter hat Mecklenburg-Vorpommern Restaurants schon seit Samstag den Betrieb wieder erlaubt. Nordrhein-Westfalen folgte am Montag, am Mittwoch dann Hamburg und Rheinland-Pfalz. In den kommenden Tagen folgen die anderen Ländern. Manche aber gestaffelt. So startet Bayern am kommenden Montag mit der Außengastro. Erst eine Woche später soll es im Innenbereich losgehen.

Das klingt plausibel, folgt man dem Virologen Christian Drosten von der Berliner Charité. Der Außenbereich sei als relativ sicher einzustufen, sagte er am Dienstag im NDR-Podcast. «Im Außenbereich ist ein Zwei-Meter-Abstand wahrscheinlich gar nicht notwendig.» Der Wind wehe das Virus weg. In Innenbereichen sollte man genau für diesen Durchzug-Effekte Fenster aufreißen. In Räumen seien wegen der Infektionsgefahr auch Abstandsregeln wichtiger, so Drosten (Tageskarte berichtete).

Tröpfchen und Aerosol-Partikel

Klar ist: Wie viele Viren verbreitet sich auch Sars-CoV-2 durch die Luft. Als Tröpfcheninfektion, aber auch in Form sogenannter Aerosol-Partikel. Das sind kleinste Schwebeteilchen. Inzwischen gibt es mehrere Studien, die nahelegen, dass auch über diese Aerosole eine Ansteckungsgefahr mit dem neuartigen Virus besteht.

Drosten schätzt das Risiko von Tröpfchen- und Aerosol-Infektion nach derzeitigem Stand in etwa gleich hoch ein. Schmierinfektionen machten wohl nur etwa zehn Prozent aus.

Der Physiker Roland Netz von der Freien Universität Berlin hat sich mit der Lebensdauer von virenhaltigen Tropfen beschäftigt. Etwa ein Prozent der Spucke seien gelöste Stoffe wie Viren, sagt er. Wenn der Wasseranteil in den Tropfen verdunstet, werden sie kleiner und die übrig bleibenden Teilchen können länger in der Luft umherschwirren. Daher sei es sinnvoll, die sogenannten Community-Masken zu tragen. So könne eine weite Verteilung der Tropfen eingedämmt werden.

Luftfeuchtigkeit ist wichtig

Netz empfiehlt außerdem beispielsweise mit Blick auf Restaurants: «Wichtig ist die relative Luftfeuchtigkeit.» Diese sollte, wenn sie reguliert werden kann, nicht zu niedrig werden. Dann schrumpften die Tropfen nicht so schnell, und schwerere Tropfen sinken eher zu Boden. «Außerdem trocknen sonst die Schleimhäute aus und werden anfälliger für Viren.» Klimaanlagen könnten die Luft zudem verwirbeln, gut ausgestattete Geräte sogar Viren aus der Luft filtern, sagt er.

Zu guter Belüftung raten auch Forscher aus China, die sich das Infektionsgeschehen in einem fensterlosen Restaurant angeschaut haben. Sie stellten fest, dass Klimaanlagen durchaus tückisch sein und die Übertragung befördern können. Der Schlüsselfaktor für die Infektionen mancher Restaurantbesucher sei die Richtung des Luftstroms gewesen. «Die Luftströmungsrichtung stimmte mit der Tröpfchenübertragung überein.» Neben besserer Belüftung empfehlen die Forscher auch einen größeren Abstand zwischen den Tischen.

Erhöht Durchzug also im Zweifel das Infektionsrisiko sogar? Drosten verweist auf den Verdünnungseffekt, der mit frischem Wind einhergehe. Gastwirten empfiehlt er für die Innenbereiche zudem, das Fenster zu öffnen und einen Ventilator so dort hinein zu stellen, dass Luft nach draußen befördert wird. Dann entstehe innen ein Luftstrom. Auch Deckenventilatoren könnten förderlich sein.

Auch Dehoga empfiehlt Lüften

In der Branche ist das natürlich längst Thema: Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Dehoga Bundesverbandes, erklärt: «Unabhängig von den unterschiedlichen Bewertungen in der Wissenschaft empfiehlt der Dehoga, die Räumlichkeiten häufig zu lüften und Luftbefeuchter zu nutzen.» Und auch die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe mit Sitz in Mannheim hat den Aspekt in Arbeitsschutzstandards extra zur Corona-Wiedereröffnung in der Gastro aufgenommen: «Es ist sicherzustellen, dass Arbeits-, Sanitär- und Pausenräume regelmäßig gereinigt und gelüftet werden.»

Die Lüftungsanlagen seien fachkundig zu betreiben, Filter sollten regelmäßig gereinigt beziehungsweise getauscht werden, heißt es weiter. «Es empfiehlt sich die Aufstellung eines Reinigungs- und Lüftungsplans. Bei natürlicher Lüftung ist der erforderliche Luftwechsel durch ausreichend häufiges Stoßlüften zu realisieren.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Systemgastronomie-Konzern, zu dem unter anderem mehrere kleine Burger-Ketten gehören, übernimmt die Mehrheit an einem Tapas-Franchise aus den Niederlanden und will es nach Deutschland bringen.

Steigende Kosten und sinkende Nachfrage bedrohen die Existenz vieler Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Ob die Sommersaison die Rettung bringt, bleibt abzuwarten.

Die Jeunes Restaurateurs Deutschland richteten in diesem Jahr erstmals ein Fest für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Fast 200 Angestellte aus ganz Deutschland folgten der Einladung zum ersten JRE Team Day und reisten am 10. Juni nach Grünstadt in Rheinland-Pfalz, um gemeinsam auf dem Weingut Felix Mayer zu feiern.

Pressemitteilung

Das beliebte Trendgemüse Bimi® Brokkoli wird jetzt wieder in Deutschland geerntet. Seit Mitte Mai und bis voraussichtlich Oktober wächst der Stangenbrokkoli auf den Feldern des Keltenhof in Filderstadt. Gastronomen können das regionale Frischeprodukt über alle bekannten Großhändler wie Metro, Chefs Culinar, CF Gastro und Transgourmet beziehen.

Vom 7. bis 13. Oktober 2024 findet die diesjährige Berlin Food Week statt. Das Festival feiert seine zehnte Ausgabe und zeigt auch im Jubiläumsjahr, wie sich Genuss und Nachhaltigkeit verbinden lassen.

Der Wirt des Herzkasperlzelts auf der Oidn Wiesn will seine Zulassung für dieses Jahr vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erzwingen. Das Verwaltungsgericht München hatte den Eilantrag des Wirts am Dienstag abgelehnt.

Die Europameisterschaft in Deutschland ist in vollem Gange. Tausende von Fans strömen in die größten und besten deutschen Stadien. Doch welches Stadion bietet hungrigen Fußballfans die meiste Auswahl zu den günstigsten Preisen?

Der Wirt des beliebten Herzkasperlzelts auf der Oidn Wiesn möchte seine Zulassung in diesem Jahr juristisch erstreiten. Doch das Verwaltungsgericht hat am Vergabeverfahren keine Bedenken.

Sie stehen für die gastronomische Vielfalt und das kulinarische Berlin: die „Berliner Meisterköche“. Eine zwölfköpfige Jury hat nun die jeweils fünf Kandidatinnen und Kandidaten für die jeweiligen Kategorien nominiert.

Das Portal „Opinionated About Dining“ hat sein aktuelles Ranking der besten Restaurants in Europa veröffentlicht. Zum ersten Mal schafft es hier mit Jan Hartwig ein deutscher Koch unter die Top 3.