Macarons und Co. - Tschüs Nachtisch, Hallo Luxusdessert

| Gastronomie Gastronomie

Macaron mit Frankreichs Präsident Macron zu verwechseln, passiert auch immer weniger Deutschen. Denn: Macarons sind als Trend-Süßigkeit inzwischen sehr populär. Selbst Discounter haben die krustig-cremigen Mandelbaisers im Angebot. Die im Mund zergehenden Mini-Kunstwerke sind Teil eines Dessert- und Nasch-Wandels.

Boomer (60plus) denken bei «Nachtisch» oft an Apfelmus, Kompott und Milchreis, mittelalte Deutsche an Schokopudding oder Götterspeise. Heutige Kinder und Jugendliche (Generation Alpha) erzählen beim Thema Dessert gern etwas von ihren Lieblings-Macarons oder wie lecker sie Pavlova finden.

In manchen Systemgastronomie-Betrieben gibt es heute - oft angelehnt an Amerika - ein riesiges Angebot auf Speisekarten, das überfordern kann: Cakes, Cremes, Crêpes, Eis, Shakes, (Bubble-)Waffeln - alles auf einmal. Doch oft ist auch weniger mehr.

«Es hat sich gewaltig viel geändert beim Dessert», sagt der Kulturwissenschaftler Peter Peter («Kulturgeschichte der deutschen Küche»). Früher habe Deutschland eine Sparküche gepflegt, Nachtisch sei oft eine Art Resteverwertung gewesen, etwa von älterem Brot wie beim Armen Ritter, der heute seltener serviert wird - und wenn, dann schicker unter neuem Namen. «In Amerika heißt in Fett gebackenes Brot "French Toast". Das sagen jetzt viele auch hierzulande, weil es sich hipper anhört - so wie Kimchi cooler klingt als Sauerkraut.»

Vom schnöden Nachtisch zur edlen Dessert-Kunst

In den letzten Jahren habe sich das Dessert in Deutschland mehr und mehr in Richtung Luxus-Patisserie bewegt. Es gebe einen Trend zu kleinen süßen Kunstwerken, weg von großen Portionen eines Puddings oder Pfirsichkompotts, sagt der Münchner Autor und Gastrosoph Peter Peter, dessen neues Buch «Blutorangen - Eine Reise zu den Zitrusfrüchten Italiens» heißt.

«Nachtisch ist edler, auch mediterraner, geworden. Apfelmus schmeckt ja ganz gut, aber das war eher so eine Art Pflichtveranstaltung.» Italiens Küche habe mit Klassikern wie Pannacotta und Tiramisu viel beeinflusst. «Anspruchsvollere Desserts kommen zudem aus der französischen Tradition: Crème brûlée, Mousse au Chocolat, Eclairs, Macarons», sagt Peter.

Weiter beliebt sind im deutschsprachigen Raum aber auch altmodischere Nachtische wie Eis mit heißen Himbeeren und die norddeutsche Rote Grütze, außerdem böhmische und österreichische Mehlspeisen wie Apfelstrudel, Palatschinken und Kaiserschmarrn.

In der gehobenen Gastronomie wurde laut Peter in den vergangenen Jahren das Dessert (vom französischen «desservir» für «Tisch abräumen» - also das, was nach dem abservierten Hauptgang kommt) den anderen Menü-Gängen fast gleichgestellt. 

Bei Desserts wird das Exotische statt Regionale zelebriert

So wie in einer gewissen Liga von Restaurants Sommeliers üblicher wurden, so seien das auch Patissiers geworden. Solchen Dessert-Experten geht es bei Kreationen um verschiedene Texturen: kalt, warm, hart, weich. Und sie fertigen meist Tellergemälde an. «Kostspielige Desserts bestehen aus Obst, meist Beerenobst, ein bisschen Teig, was mit Creme oder Fruchtemulsion, und es muss Eis dran sein.»

Auffällig findet Peter, dass im Gegensatz zum Rest der Küche, etwa bei Fleisch und Gemüse, die Regionalwelle beim Dessert überhaupt nicht angekommen sei. «Das Dessert hat noch was von Kolonialwaren-Präsentation, ist gern noch exotisch. Ich habe in einem teureren Lokal noch nie ein Stachelbeer-Eis angeboten bekommen oder einen Preiselbeerpudding.»

Und so klein die einzelnen Sachen auf modernen Desserttellern sein mögen, es sei am Ende dann doch oft sehr viel, meint Peter. Er habe aber das Gefühl, dass sich viele - Frauen gefühlt mehr als Männer - richtig auf solch kunstvoll gestaltete Dessert-Teller freuten.

Die Rede vom Dessert-Magen drückt aus, dass nach einem Essen gefühlt immer noch Platz für etwas Süßes ist. Selbst Figurbewusste vertreten den Standpunkt, dass man beim Dessert über die Stränge schlagen dürfe. 

Vor diesem Hintergrund erscheinen jüngere Nasch-Trends wie Cupcakes, Mochis, Baklava-Varianten wie grüne Pistazienrollen und eben Macarons in einem anderen Licht. «Macarons vermitteln mit der Größe einer 2-Euro-Münze, dass sie erst recht okay sind. Und das Meringue-Dessert Pavlova wirkt besonders leicht.»

Macarons

Macarons stehen für Pariser Eleganz. Popkulturell wurden sie vor fast 20 Jahren berühmt, als die amerikanische Regisseurin Sofia Coppola im Film «Marie Antoinette» die später guillotinierte Königin (Kirsten Dunst) zu der runden Spezialität in prallen Farben greifen ließ. 

Katharina von Medici soll als angeheiratete Königin das Baisergebäck aus Mandelmehl schon im 16. Jahrhundert von Italien nach Frankreich gebracht haben. 

Die heute bekannten Mini-Burger - Doppeldecker mit Füllung - wurden aber erst 1930 von Pierre Desfontaines, einem Cousin der Familie Ladurée, erfunden. Die Marke Ladurée ist bis heute berühmt. Als Erneuerer des Macarons gilt der Patissier Pierre Hermé, der ab Ende der 90er in Paris neue Rezepte und Geschmacksrichtungen auf den Markt brachte - bunt und aromatisch. In der Schweiz heißen Macarons, etwa bei Sprüngli in Zürich, Luxemburgerli. 

Pavlova

Pavlova - eine mit Sahne und Früchten gefüllte Torte aus Baisermasse - gilt als Down-Under-Dessert. Es wurde nach der russischen Ballerina Anna Pawlowa (1881–1931, auf Englisch: Pavlova) benannt. Sie tourte in den 1920er Jahren in der Weihnachtszeit durch das sommerlich heiße Australien und Neuseeland.

Ein Küchenchef erschuf das weiße Dessert zu ihren Ehren. Die Sahne, heißt es, sollte Pawlowa an den Schnee in ihrer Heimat erinnern. Ob das Schaumgebäck mit Schlagsahne zuerst in Australien oder Neuseeland auf den Tisch kam, ist unklar.

In den letzten Jahren wurde Pavlova in Europa bekannter. Eine darauf spezialisierte Kette aus Estland eröffnet etwa diesen Sommer am Kurfürstendamm in Berlin ein Pavlova-Café. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Dem Essenlieferdienst Delivery Hero werden potenzielle Verstöße gegen das EU-Kartellrecht voraussichtlich deutlich mehr Geld kosten als bisher gedacht. Die entsprechende Buße könnte bei über 400 Millionen Euro liegen.

Nach monatelanger Suche hat der Hamburger Kultclub Molotow einen neuen Standort gefunden - nur etwa 200 Meter vom jetzigen entfernt. Kurz vor Weihnachten hatte der Club eine Kündigung erhalten, weil an der Adresse ein Hotel entstehen soll.

Der Michelin hat die dritte Ausgabe seines jährlichen Michelin Guide Dubai im kürzlich eröffneten One&Only Za’abeel vorgestellt. Zu den Höhepunkten gehörte die Auszeichnung des „Row on 45“ als viertes Restaurant der Stadt mit zwei Sternen.

Der Kantinentest 2024 der Initiative Food & Health wurde in München vorgestellt und feiert im sechsten Jahr seines Bestehens eine Premiere. Erstmals gibt es beim Ranking der Top-Kantinen in Deutschland einen Doppelsieg.

Am 10. Juli 2024 öffnet der neue Augustiner Biergarten auf dem historischen Gelände der Bötzow-Brauerei seine Türen. Gastgeber ist der bekannte Berliner Gastronom Josef Laggner.

Bei Wein aus Deutschland ist der Weiße am gefragtesten, gefolgt von Rotem und Rosé. Das geht aus der Statistik der Weinfarben bei den deutschen Qualitäts- und Prädikatsweinen des Deutschen Weininstituts (DWI) hervor.

Um das 20-jährige Bestehen in Österreich gebührend zu feiern, vereinte Jeunes Restaurateurs die Koch-Elite der österreichischen Kulinarik-Landschaft und verwandelte das Areal des Schlosses Grafenegg einen Tag lang in eine Gourmetwelt.

Der "Beast - Berlin Steakclub" am Alexanderplatz ist mit einem festlichen Dinner zur Berlin Fashion Week am 1. Juli 2024 gestartet. Prominenz aus Politik, Mode und Kultur wie Franziska Giffey und Christiane Arp waren mit dabei.

Die Josef Laufer Stiftung sucht bis zum 1. Oktober 2024 kreative Gastronomie-Auszubildende für den zweiten „Genuss-Kultur-Preis“. Statt klassischem Koch- oder Servier-Wettbewerb, soll der Nachwuchs frische Ideen für die Gastronomie entwickeln.

Die Maß Bier auf dem Oktoberfest kostet in diesem Jahr zwischen 13,60 und 15,30 Euro. Damit steigt der Preis für das Festbier durchschnittlich um 3,9 Prozent und knackt erstmals die Marke von 15 Euro.