Wie eine Köchin aus Bad Soden Aufsteigerin des Jahres im Gault&Millau wird

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Eigentlich gab es einen ganz anderen Lebensplan. Aber dafür reichte die Abi-Note erst mal nicht aus. Deswegen absolvierte Isabelle Pering eine Ausbildung zur Köchin und arbeitet in mehreren Sternerestaurants. Mit nur 29 Jahren eröffnete die einstige Leistungsschwimmerin ihr eigenes Lokal in Bad Soden - und irritiert mit ihrer modernen und kreativen Bio-Küche manche Anwohner. Drei Jahre später wird sie vom renommierten Restaurantführer «Gault&Millau» zur bundesweiten «Aufsteigerin des Jahres» 2025 gewählt (Tageskarte berichtete).

«Seitdem explodieren die Reservierungen», sagt Pering. Die 32-Jährige steht an einem Donnerstagmittag im Februar in den hellen Räumen von «Bellas Lokal». Gleich beginnen in der Küche die Vorbereitungen für den Abend. Auf der Karte stehen Gerichte wie «Kohl - Meerrettich - Holunder» oder «Rind - Zwiebel - Hagebutte». 

«Wir benutzen fast keine Gewürze»

Ähnlich einfach wie die Beschreibungen fallen auch die Gerichte aus, denn Pering setzt auf eine puristische und konsequent regionale Küche. «Wir benutzen eigentlich fast keine Gewürze, also kochen nur mit Salz, Butter, Zucker, ganz wenig Pfeffer, um einfach den Geschmack von dem Produkt selbst hervorzuheben», erklärt sie. Und: «Für mich ist eine sehr gute Qualität und eine Nachhaltigkeit einfach nur gewährleistet, wenn das Produkt hier aus der Region kommt und von Bauern, von denen ich weiß, wie sie arbeiten.»

Was sie am Kochen fasziniere? «Dass wir kreativ arbeiten können, dass es so handwerklich und auch so abwechslungsreich ist. Ich ändere auch nicht ohne Grund das Menü alle vier Wochen.» Wenn sie ein neues Menü schreibe, trete sie in der Regel vorher mit den Bauern und den Lieferanten in Kontakt. Wenn diese sagten, es gebe gerade tolles Topinambur oder Kartoffeln, dann komme eben das auf die Karte. 
 

Lob von den Kritikern - aber Gegenwind am Anfang

Die Restaurant-Kritiker hat sie schon mal auf ihrer Seite. «Mit ihrem Menü, das man auch vegetarisch wählen kann, beweist die Chefin ein Händchen für stimmige Geschmacksbilder», heißt es im Guide Michelin. Und der «Gault&Millau» schreibt: «Bellas Lokal ist kein Ort, der laut um Aufmerksamkeit buhlt. Stattdessen flüstert er leise von Heimat, Respekt, Tradition und einem tiefen Verständnis für die Kunst des Essens.» 

Und die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schrieb in einer Kritik, Pering habe «eine Vorliebe für eine vergleichsweise schnörkellose Gestaltung von Gerichten und für das Aus­einandernehmen und Neuzusammensetzen von Tradiertem.»

Doch es gab nicht immer nur Jubelstimmen - im Gegenteil. «Am Anfang war es wirklich schwer, da habe ich ganz schön Gegenwind bekommen», erinnert sie sich. Vor dem Umbau war in den Räumlichkeiten ein gutbürgerliches Gasthaus mit Hausmannskost untergebracht. «Vor allem die Anwohner hier waren damit überhaupt nicht d'accord, weil sie gerne einfach wieder ihr Schnitzel hier bekommen hätten.» In einem ihrer ersten Menüs habe es als Hauptgang Rind mit Quitte gegeben - ohne Sättigungsbeilage. Das sei für viele Gäste schwer gewesen, «und die sind mit Sicherheit nicht wiedergekommen».

Ausbildung zur Köchin statt Medizin-Studium

Dass sie mal in ihrem Geburtsort ein Restaurant leiten und zur «Aufsteigerin des Jahres» gekürt wurde, hatte Pering ursprünglich nicht geplant. Doch das gewünschte Medizin-Studium scheiterte an einer zu schlechten Abi-Note. Um die Wartezeit zu überbrücken, absolviert sie die Kochausbildung im Grand Hotel Kempinski in Königstein. Auch die weiteren Stationen lassen sich sehen: Sie arbeitet erst bei «Opus V» in Mannheim, dann bei Kevin Fehling («The Table») in Hamburg und kurzzeitig als Souschefin im Frankfurter «Gustav». 

Etwas aus der Reihe fällt ihr Job bei Gate Gourmet als Küchenchefin für Lufthansa-Lounges. Dort habe sie quasi gar nicht gekocht, aber dafür einiges über Management oder Mitarbeiter-Führung gelernt. Ihr Vater wird schließlich auf den leerstehenden Gasthof an einer kurvigen Dorfstraße im Ortsteil Altenhain aufmerksam - und 2022 öffnet schließlich «Bellas Lokal».

Pering setzt auf menschlichen, familiären Führungsstil

«Mein Ziel war, einen Ort zu schaffen, an dem sich die Menschen wohlfühlen», sagt Pering. Das betreffe nicht nur die Gäste, sondern auch das Team. «Natürlich ist der Druck groß.» Aber dennoch sei es wichtig, respektvoll miteinander umzugehen. Sie setze auf einen menschlichen, familiären Führungsstil - auch wenn man zugleich Grenzen ziehen müsse. 

Das Gespür für gutes Essen hat Pering schon als Kind vermittelt bekommen. 
«Meine Uroma hat tatsächlich super viel gebacken und meine Mutter hat super viel gekocht.» Das Abendessen sei immer die Familienzeit des Tages gewesen. «Und unsere Eltern sind mit uns auch immer gut essen gegangen und da wurde nicht gesagt: "Ihr kriegt Nudeln und Schnitzel." Stattdessen durften wir eigentlich alles ganz normal mitessen.» 

Aus ihre Zeit als Leistungsschwimmerin gelernt

Pering war früher Leistungsschwimmerin und ging etwa bei den Deutschen Meisterschaften an den Start. Auch aus dieser Zeit habe sie gelernt: Die Disziplin habe sie geprägt, sich immer wieder anzutreiben. Und: «Ich glaube, ich kann meinen Körper einfach hoch belasten und mir fällt es nicht so schwer, auch mal über Grenzen hinauszugehen tageweise.» 

Und wie blickt sie in die nähere Zukunft und auf die Vergabe der Michelin-Sterne? Sie schaue mit Spannung auf die nächsten Monate, sagt die 32-Jährige. «Und wenn wir einen Stern bekommen würden, wäre es mit Sicherheit so, dass wir wahrscheinlich noch mehr Gäste hätten, was für mich einfach ein Stück weit Sicherheit bedeutet. Und das für mich echt am wichtigsten.» (dpa)


 

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