Bill Gates sprach während einer Online-Konferenz der New York Times über die Zukunft der Arbeitswelt nach der Corona-Pandemie. Der Microsoft-Gründer glaubt, dass sich der Arbeitsalltag grundlegend ändert wird und viele Geschäftsreisen in Zukunft wegfallen werden. In der Konferenz prophezeite er, dass 50 Prozent der Geschäftsreisen und 30 Prozent der Bürotage wegfallen werden.
„Wir werden ein wenig ins Büro gehen und ein paar geschäftliche Reisen unternehmen“, zitiert die FAZ den Software-Unternehmer, aber „wesentlich weniger“ als es vor der Pandemie der Fall gewesen sei.
Mit der Prognose könnte Gates richtig liegen, denn der von der Corona-Krise ausgelöste Trend zum Homeoffice wird die Wirtschaft auch in Deutschland langfristig verändern. 66 Prozent der von der Unternehmensberatung Deloitte befragten Finanzvorstände sagten auf die Frage nach den langfristigen Auswirkungen von Corona für ihr Unternehmen: „Wir planen, vermehrt auf Remote Working zu setzen.“ Das kostet zwar erst einmal Geld, aber 43 Prozent sagten: „Wir werden unsere Cyber-Absicherung aufgrund von erhöhtem Remote Working stark ausbauen.“
Auf der anderen Seite sparen die Unternehmen jedoch: „Wir planen, unsere Büroflächen aufgrund des erhöhten Homeoffice-Angebots in Zukunft zu reduzieren“, sagten 37 Prozent der befragten Finanzvorstände.
Auch Silicon-Valley-Veteran Phil Libin geht davon aus, dass Videokonferenzen nicht nur ein fester Teil des Alltags nach dem Ende der Corona-Pandemie bleiben, sondern die Möglichkeiten der Technologie auch das Arbeiten verändern werden. Aktuell versuche man noch, die gewohnte Art von Besprechungen mit Leuten in einem langweiligen Raum über das Internet nachzustellen, sagte Libin in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. „Die erste Generation von etwas Neuem versucht zunächst oft, die alte Realität zu imitieren.“ Aber schon in einem Jahr würden sich Videokonferenzen anders anfühlen, prognostizierte Libin, der zuvor unter anderem die Notiz-App Evernote geführt hatte.
Unter anderem werde sich der Trend verstärken, Hintergrund und Umfeld in Videokonferenz-Apps wie Zoom oder Google Meet zu individualisieren. „Wir verbringen in diesen virtuellen Räumen zum Teil mehr Zeit als in echten Räumen - insofern ist es logisch, dass man sich Gedanken darüber macht, wir man sie ausschmücken oder individualisieren kann.“ Videokonferenzen würden auch außerhalb der Arbeitswelt dort bleiben, wo sie besser als bisherige Anwesenheitsmodelle seien, sagte Libin. „Für viele Arztbesuche werde ich definitiv nicht mehr einen Termin machen, hinfahren, im Wartezimmer mit anderen Kranken sitzen, 20 Minuten beim Doktor verbringen und dann den Weg zurückfahren.“ Auch in der Bildung könnten Videokonferenzen besser sein, wenn man es richtig angehe.
Libin wurde nach dem Ausscheiden bei Evernote Partner beim Risikokapitalgeber Catalyst in San Francisco und gründete danach das App-Entwicklerstudio All Turtles. In der Pandemie wurde dort unter anderem die App mmhmm entwickelt, die neuartige Funktionen in Videokonferenzen auf Plattformen wie Zoom bringen will. Dazu gehört die Möglichkeit, eine Präsentation einzublenden, während der Sprecher daneben selbst im Bild bleibt. Eine weitere Neuerung sind „Big Hands“: Die Software erkennt Gesten eines Nutzers wie etwa gehobene und gesenkte Daumen - und blendet eine größere gezeichnete Hand darüber ein, damit sie auch in der kleinen Galerieansicht erkennbar ist. (Mit Material der dpa)