Der Hotelverband Deutschland (IHA) startet eine Kampagne, um Hotels bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen „jahrelanger Verwendung kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln“ zu unterstützen. Mit HRS war es in dieser Angelegenheit im letzten Jahr zu einem Vergleich in Millionenhöhe gekommen.
Zu diesem Zweck haben wird unter www.hotel-kartellschadensersatz.de eine Kampagnen-Homepage eingerichtet, der Hoteliers alle Informationen entnehmen können und unter der sich Gastgeber ohne Kostenrisiko für die Aktion „DaBeisein“ registrieren lassen können.
Von 2006 bis 2015 habe Booking.com, der Marktführer unter den Buchungsportalen, unstreitig kartellrechtswidrige Bestpreisklauseln verwendet, sagt der Verband. Insbesondere die so genannten „weiten“ Bestpreisklauseln, mit denen Booking.com den angeschlossenen Hotels verboten habe, auf irgendeinem anderen Vertriebsweg Zimmer zu günstigeren Raten anzubieten, verstießen eindeutig gegen geltendes Kartellrecht. Dies habe das Bundeskartellamt – umfassend bestätigt durch das OLG Düsseldorf – im Fall „HRS“ festgestellt. Hotels sei durch die „weiten“ Bestpreisklauseln Schaden u.a. in Form überhöhter Buchungsprovisionen entstanden. „Nach den Grundsätzen des europäischen und deutschen Kartellrechts hat Booking.com den Hotels diesen Schaden samt Zinsen zu ersetzen. Mit unserer Initiative ‚daBeisein‘ bieten wir wie schon in der erfolgreichen Causa HRS in Deutschland gelegenen Hotels die Möglichkeit, sich an einer gruppenweisen Anspruchsdurchsetzung ohne Kostenrisiken zu beteiligen“, erläutert Otto Lindner, Vorsitzender des Hotelverbandes Deutschland (IHA). „Wir bieten allen Hoteliers in Deutschland diese Hilfestellung an, weil zeitnah eine Verjährung der Ansprüche drohen könnte.“
Auf Beschwerde des Hotelverbands Deutschland (IHA) hat das Bundeskartellamt im Jahr 2013 ein Kartellverfahren wegen der Verwendung kartellrechtswidriger Bestpreisklauseln auch gegen Booking.com eingeleitet. Nachdem Bundeskartellamt und Oberlandesgericht Düsseldorf im Parallelfall HRS keine Zweifel daran gelassen hatten, dass insbesondere die „weiten“ Bestpreisklauseln mit deutschem und europäischem Kartellrecht unvereinbar sind, strich Booking.com im Jahr 2015 die Segel und verpflichtete sich, die „weiten“ Bestpreisklauseln aus seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Deutschland zu entfernen.
„Zu diesem Zeitpunkt hatte Booking.com die weiten Bestpreisklauseln allerdings schon knapp 10 Jahre zur Anwendung gebracht und hierdurch den Wettbewerb zwischen den Hotelbuchungsportalen und zum Direktvertrieb der Hotellerie massiv beschränkt. Damit wurde nicht nur der Provisionswettbewerb zwischen den Buchungsportalen praktisch zum Erliegen gebracht, es wurde u.a. auch der sich im Aufbau befindliche Vertrieb der Hotels über ihre eigenen Homepages erheblich behindert. So konnten sich die Buchungsprovisionen seit 2006 massiv erhöhen“, zeigt Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA), auf.
Nach den Grundsätzen des deutschen und europäischen Kartellrechts haben in Deutschland gelegene Hotels, die nach dem Jahr 2006 Zimmer über Booking.com vertrieben haben, Anspruch auf Schadensersatz gegen Booking.com wegen der zu viel bezahlten Buchungsprovisionen, glaubt der Verband. „Da die Durchsetzung der Ansprüche im Alleingang für viele Hotels mit prohibitiven Kosten und Risiken verbunden wäre, hat der Hotelverband die Initiative ‚daBeisein‘ ins Leben gerufen, in deren Rahmen die Schadensersatzansprüche gemeinsam gegenüber Booking.com geltend gemacht werden. Durch unsere Kooperation mit einem renommierten Prozessfinanzierer können alle Hotels in Deutschland ohne Kosten bzw. Kostenrisiken teilnehmen. Unsere Erfahrungen im Fall HRS (Tageskarte berichtete) haben gezeigt, dass uns die Anspruchsbündelung ungleich mehr Verhandlungsgewicht gibt und es uns Hoteliers erlauben wird, mit Booking.com auf Augenhöhe unsere legitimen Ersatzforderungen geltend zu machen“, appelliert Lindner an seine Kolleginnen und Kollegen. Dass die Hotellerie gemeinsam für ihre Interessen streiten kann, hat im letzten Jahr eine Auseinandersetzung der Branche mit der Buchungsplattform HRS gezeigt, bei der eine außergerichtliche Lösung des Themas „Schadensersatz für Bestpreisklauseln“ erzielt wurde: HRS hat damals einen einmaligen Betrag von vier Millionen Euro an den Hotelverband Deutschland (IHA), in dem Nussbaum im Vorstand sitzt, geleistet. Aus dem Betrag hat die IHA die rund 600 Hotels entschädigt, die sich zusammengeschlossen hatten, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
„Das derzeit noch vor dem Bundesgerichtshof zu verhandelnde Verfahren von Booking.com gegen die umfassende Abstellungsverfügung des Bundeskartellamts aus dem Jahr 2015 die ‚engen‘ Bestpreisklauseln betreffend hat übrigens keine Relevanz für das Bestehen und den Umfang der Schadensersatzansprüche wegen der ‚weiten‘ Bestpreisklausel“, ergänzt Luthe. „Sofern der Bundesgerichtshof letztlich bestätigen sollte, dass auch die ‚engen‘ Bestpreisklauseln kartellrechtswidrig gewesen sind, dann würde sich dies schlicht schadenssteigernd auswirken und könnte auch noch im Laufe des Verfahrens zusätzlich eingepreist werden.“
Hoteliers können sich auf den Webseiten www.hotel-kartellschadensersatz.de oder www.hotellerie.de/go/daBeisein über die Initiative des Hotelverbandes Deutschland (IHA) umfassend informieren und sich für eine Teilnahme registrieren. Mit Blick auf eine mögliche Verjährung der Ansprüche ist eine Registrierung nur bis zum 15. Mai 2020 möglich.