Schweizer Hoteliers des Jahres 2019 Andrea Scherz vom Gstaad Palace: Die Kunst ist, seine Geschichte stets neu zu erfinden

| Hotellerie Hotellerie

Das Gstaad Palace gehört zu den führenden Hotels der Schweiz. Zudem ist es eines der wenigen Tophotels in Europa, das seit drei Generationen in Familienhand ist. Andrea Scherz, der Besitzer und General Manager, ist gerade für sein konstantes Wirken und seinen Sinn für Innovation und Tradition als Hotelier des Jahres 2019 ausgezeichnet worden. Tageskarte.io wollte wissen, was denn das Geheimrezept für den Erfolg dieses Traditionsbetriebs ist.

Herr Scherz – als Sie von der Ehrung um Hotelier des Jahres 2019 durch den erfahrenen Schweizer Hotelier-Tester Karl Wild erfuhren – dachten Sie da im ersten Moment an einen Scherz?Andrea Scherz: Nun, Humor gehört schon zu meinen Kerndisziplinen. Ein Funken Verrücktheit hat schliesslich jeder Scherz intus. Aber ob dies aber schon für den Olymp reicht…? Aber Scherz beiseite: Wer in unserem Geschäft keinen Sinn für Witz und ein Spässchen mit seinen Gästen hat, der ist fehl am Platz.


[Keine Nachricht mehr verpassen: Jetzt Tageskarte auf LinkedIn, XING oder Facebook folgen.]


Sie sind Besitzer eines der letzten inhabergeführten Luxushotels in Europa. Seit 1996 sind Sie schon im Dienste Palace, das Ihnen unterdessen gehört und dem Sie als General Manager vorstehen. Sind Sie eigentlich freiwillig in den väterlichen Betrieb heimgekehrt?

Andrea Scherz: Zu 100 Prozent aus freien Zügen, ja. Mein Vater hatte nie Druck ausgeübt. Und dafür bin ich ihm bis heute dankbar. Er ist übrigens bis dato einer meiner wichtigsten Berater, wenn es um wegweisende Projekte und Investitionen in unserem Haus geht. Seine Expertise möchte ich nicht missen. Er ist es auch, der mir unser Geheimrezept beigebracht hat: ‘Es gibt kein Nein im Palace.’
 

Das Gstaad Palace ist eine richtige «Family Affair». Bereits in dritter Generation wird es von einem Vertreter Ihrer Familie geführt. Auch Ihre Mitarbeitenden sind bis zu 40 und mehr Jahren schon mit an Bord. Zieht dieses Familien-Erlebnis bei den heutigen Gästen noch?

Andrea Scherz: Ja, absolut. Wer kehrt nicht gerne heim, in sein zweites Zuhause in den Bergen? Das Palace war schon immer ein solcher Hort für Geborgenheit. Nur schon seiner Lage wegen. Wir sind seit Anbeginn ein Resort innerhalb des Resorts, eine kleine Welt für sich.

Wo oft die Reichen und Schönen unter sich sein wollen?

Andrea Scherz: Das meint man, wenn man von aussen auf unser «Märchenschloss» schaut. In Tat und Wahrheit aber schätzen unsere Gäste gerade die Beschaulichkeit, die Ehrlichkeit, Echtheit und auch die Non-Chalance unseres Hauses. Wir sind nicht ein steifes Konstrukt, wir sind ein legeres Ferienhotel, durch und durch. Übrigens feiern auch viele Einheimische ihre Taufe, Geburtstage oder Familienfeste bei uns.

Da hat sich aber einiges verändert in der Luxushotellerie. Kein Krawattenzwang mehr abends? Kein Anzug erforderlich?

Andrea Scherz: Schauen Sie – Luxus verändert sich laufend. Luxus heisst heute: Ruhe, Geniessen fernab von der Hektik des Alltags. Sich was Feines-Regionales auf dem Teller gönnen. Da spielt das Outfit nicht mehr jene Rolle wie früher. Aber es darf auch ruhig mal festlich bei uns zu und hergehen. Anything goes, auch hier. Wir sind nicht da, um unsere Gäste zu erziehen. Denn die kommen bereits aus gutem Hause.

Das Gstaad Palace gehört seit 106 Jahren schon zu Gstaad, diesem weltberühmten Ort im Berner Oberland, seit Stunde Null. Und das Palace ist ein starker Brand. Hilft Ihnen diese Tradition in der Vermarktung?

Andrea Scherz: Sicherlich ja, denn wer eine Geschichte hat, der hat auch Geschichten zu erzählen. Unzählige sogar. Aber es ist kein Selbstläufer. Tradition kann durchaus auch eine Last sein. Denn man droht träge zu werden. Man muss sich deshalb stetig neu erfinden. So haben wir in den letzten fünf Jahren beispielsweise über 20 Millionen in den Umbau unserer Zimmer investiert und aus 106 jetzt 90 Zimmer gemacht. Gäste wollen heute mehr Raum, mehr Rückzugszonen. Solche Trends muss man rechtzeitig erkennen.

Und wie ist’s um die Mitarbeitergewinnung bestellt? Sie sind ein Saisonbetrieb, der gerade mal sechs Monate im Jahr geöffnet ist.

Andrea Scherz: Sie sagen es – das macht mir am meisten Sorgen. Die junge Generation sucht nicht mehr das Abenteuer in den Bergen, die Saisonstelle im Schnee. Gstaad liegt nun mal nicht am Weg, ist keine Grossstadt. Wir Hoteliers vor Ort unternehmen extrem viel gemeinsam, um die Standortattraktivität für unsere Mitarbeitenden zu fördern. Und wir investieren gerade in ein neues Personalhaus für günstigen Wohnraum. Bis zu 300 Mitarbeitende beschäftigen wir in der Wintersaison, 200 im Sommer. Und ich gestehe: Es war noch nie so anspruchsvoll, neue Mitarbeitende zu finden wie heute.

 

Zudem müssen Sie in extrem kurzer Zeit Ihre Umsätze erzielen. Was tun Sie, wenn der Winter nicht kommt oder der Sommer nicht so will, wie er soll?

Andrea Scherz: Das ist eine weitere grosse Herausforderung – gerade auch in Zeiten des Klimawandels. Wir tun alles, um unser Angebot wetterunabhängiger zu gestalten. Aber natürlich ist der Faktor Wetter nebst Wirtschaft und Währung matchentscheidend. Das schleckt keine Geiss weg.

Wie stehen Sie eigentlich zu neuer Konkurrenz wie AirBnB?

Andrea Scherz: Auch hier muss man nicht blauäugig sein. AirBnB betreibt ein cleveres Businessmodell – auch im Luxusbereich. Und ist damit natürlich ein Mitbewerber. Was mich irritiert, ist, dass hier nicht mit gleichen Ellen gemessen wird. Während wir Hoteliers mit immer mehr Regulierungen und Abgaben konfrontiert sind, haben diese Player offensichtlich freies Spiel. Das kann nicht sein. Es müssen gleiche Spielregeln für alle Akteure auf dem Feld gelten, finde ich.

Und nun der Brexit – eine weitere dunkle Wolke am Ferienhimmel?

Andrea Scherz: Nun, die Suppe wird hoffentlich nicht so heiss gegessen wie gekocht. Wenn es aber zum harten Brexit käme, wären wir definitiv auch mitbetroffen. UK-Gäste sind immer noch die drittwichtigste Gruppe in unserem Haus, nach den Schweizern und den US-Amerikanern. Aber ich hoffe ja immer noch, dass die Engländer zur Vernunft gelangen – oder uns Schweizer als Meister der politischen Konsensfindung zu Rate ziehen…

Ihr Vater wird 80, Sie sind eben 50 geworden, ihr Sohn 20. Und man hört, er absolviere – wie Sie – die Ausbildung zum Hotelier an der weltberühmten Ecole hôtelière de Lausanne. Eine klare Karriereplanung?

Andrea Scherz: Mitnichten. Alexandre, mein Sohn, hat sich aus freien Stücken für Lausanne beworben. Er will Management im Hospitality-Bereich studieren. Und ob er dann eines Tages das Gstaad Palace übernehmen will, das steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Aber ich würde auch lügen, wenn ich nicht zugäbe, dass ich ein wenig stolz schon bin.

 

Zur Person: Andrea Scherz

Bevor Andrea Scherz im Gstaad Palace in der Sommersaison 1996 als Rezeptionist eingestiegen war, hat er für diverse Hotels wie dem Beau-Rivage in Lausanne, dem Savoy in London und dem InterContinental in Genf gearbeitet. Davor hat er verschiedene Praktika in den Vereinigten Staaten und Italien absolviert. Andrea Scherz hat die Ecole hôtelière de Lausanne (EHL) absolviert. Er spricht fliessend Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Übrigens liegt auch die Qualität im Blut, war doch schon Vater Ernst Andrea als «Leading Legend» von Leading Hotels of the World im Jahre 2015 ausgezeichnet worden. Das Gstaad Palace war quasi der Spielplatz für Andrea Scherz. Mit unzähligen Persönlichkeiten wie Roger Moore, Roy Emerson, Yehudi Menuhin sowie den Staatspräsidenten Jacques Chirac oder Margaret Thatcher, die sogar ihre Memoiren im Palace verfasst hat, hat er seit Kindsbeinen verkehrt. Heute ist Andrea Scherz eine zentrale Figur im weltbekannten Ferienort Gstaad und weit darüber hinaus. So hat er Einsitz in diversen Verwaltungsräten der Tourismus- und Hotel-Industrie wie Swiss Deluxe Hotels, Leading Hotels of the World und der Flugplatzgenossenschaft Gstaad-Saanenland.


Die witzigsten Anekdoten aus dem Leben des Hotelier des Jahres 2019:

https://www.palace.ch/blog/andrea-scherz-lehr-und-wanderjahre-des-hoteliers-des-jahres-2019/

Weitere 100 Geschichten aus 100 Jahren Gstaad Palace – hier bestellen:

www.ofv.ch/sachbuch/detail/100-jahre-gstaad-palace/14466/

Die Geschichte von Andrea und Alexandre Scherz an der Ecole hôtelière de Lausanne – hier weiterlesen:

issuu.com/gstaadpalace/docs/the_journal_2018_19_deutsch_es


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Trotz des Wegfalls der Meldezettel für inländische Hotelgäste müssen an vielen Hotelrezeptionen weiter Daten der Gäste erhoben werden. Diese Pflichten können sich aus Kommunalgesetzen und Satzungen ergeben, die bislang an die Angaben auf den Hotelmeldescheinen anknüpften. Der Hotelverband hat hierzu in einem Webinar informiert und gibt Empfehlungen heraus.

Hoteleigentümer Peter Lindmoser erbaute erst vor zwei Jahren das Hotel Montestyria und erwarb nun das historische Brauhaus Mariazell. So steht den Gästen neben Chalets und Suiten nun auch ein Wirtshaus zur Verfügung.

Meininger Hotels feiert 25-jähriges Bestehen und blickt auf die Firmengeschichte zurück, denn seit der Eröffnung des ersten Hotels in der Meininger Straße in Berlin im Dezember 1999 ist das Unternehmen stark gewachsen.

Die Motel One Group hat ihr erstes Haus in Danzig eröffnet. Das neue Hotel liegt in der Altstadt und verbindet Design mit lokalem Ambiente. Nach der Eröffnung des Motel One Warschau 2019, ist das The Cloud One Danzig das zweite Hotel der Gruppe in Polen.

Novum Hospitality expandiert weiter und plant die Eröffnung eines neuen Candlewood Suites Hotels im Bezirk Hamburg-Nord. Das Hotel mit 175 Apartments soll ab 2027 Gäste empfangen und entsteht in der Nähe zum ebenfalls geplanten Holiday Inn – the niu Clink.

Rheinland-Pfalz bleibt als Reise- und Urlaubsland beliebt. Die Tourismusbranche geht in diesem Jahr von mehr Übernachtungen und Gästen im Vergleich zum Vorjahr aus. Allerdings liegt die Branche weiter hinter den Vor-Corona-Werten zurück.

An der Küste Kalabriens, direkt am Sandstrand von Villapiana, eröffnet Maritim am 1. April 2025 das Maritim Resort Calabria mit 324 Zimmern und Suiten auf drei Etagen. Das 5-Sterne-Resort wurde zuvor als Club Aldiana geführt.

Accor plant in den kommenden Monaten die Eröffnung von fünf Hotels im Economy-Segment in mehreren Städten in Deutschland. Der Fokus liegt auf der ibis-Markenfamilie.

Der Neustart bringt ein mediterran inspiriertes Spa-Konzept nach Berlin, das die Vision von Irene Forte, Wellness-Beraterin bei Rocco Forte Hotels, widerspiegelt. Neben vier weiteren Rocco Forte Hotels in Italien ist das Hotel de Rome das erste Hotel in Deutschland, das ein Irene Forte Spa einführt.

Nach einer Softopeningphase öffneten nun feierlich die Türen der Adea Lifestyle Suites in Fieberbrunn. Mit dabei war auch Musikproduzent und ehemaliges Jury-Mitglied von Deutschland sucht den Superstar, Thomas Stein sowie die Schlagerstars Marianne und Michael.