Die Trauer ist spürbar. Im Gebet, bei Gesang und im Gespräch - immer wieder laufen bei den Menschen im Mosel-Örtchen Kröv die Tränen. Nach dem Hotel-Einsturz mit zwei Toten sind sie gemeinsam mit vielen Einsatzkräften zu einem Gottesdienst gekommen, um der Opfer und Angehörigen zu gedenken. In einem Pfarrgarten an der Kirche halten sie inne, danach tauschen sie sich aus. «Es geht darum, Worte zu finden für die vielen verschiedenen Emotionen, die im Raum stehen», sagte Polizeiseelsorger Hubertus Kesselheim.
Gebetet wurde auch für einen niederländischen Vater, der bei dem Unglück verletzt wurde und in einem Trierer Krankenhaus auf Intensivstation behandelt wird. «Gib ihm die Kraft, es zu überstehen, und die Kraft, zu seiner Familie zurückkehren zu können», sagte Kesselheim in einer Fürbitte. Am Sonntagmorgen habe der Mann noch im künstlichen Koma gelegen, teilte die Polizei mit. «Wir vertrauen, dass er ganz gesund wird. Die Ärzte sind gut», sagt dessen Vater Auke Hoefnagel in einer Ansprache am Ende des Gottesdienstes.
Der 26 Jahre alte Niederländer zählte zu insgesamt sieben Verletzten, die nach dem Unglück aus den Trümmern geborgen wurden. Seine Frau und deren zweijähriger Sohn wurden ebenfalls nach Stunden gerettet: Sie wurden nur leicht verletzt. Der Vater der niederländischen Frau, Meindert Visser, dankte den Rettungskräften: «Ihr seid Helden! Ihr habt so gut gearbeitet», sagte er.
In dem Hotel war am späten Dienstagabend ein komplettes Stockwerk in sich zusammengebrochen. Zwei Menschen starben: eine 64 Jahre alte Frau und der 59 Jahre Hotelbetreiber. Seine Leiche wurde am frühen Samstag aus den Trümmern geborgen. Vorher mussten große Teile des Hotels abgerissen werden, damit die Helfer den Toten sicher bergen konnten.
Große Trauer in Kröv
«Natürlich ist die Trauer im Ort sehr groß», sagte Ortsbürgermeisterin Desire Beth (CDU). Die betroffene Hotel- und Gastronomenfamilie sei beliebt. Daher sei der Gottesdienst für alle «zur Bewältigung der Trauer sehr wichtig». Kröv - idyllisch gelegen in der Weinregion Mosel - sei ein Dorf mit 2300 Einwohnern: «Da kennt jeder jeden. In einem solchen Ort wird zusammen gefeiert, aber eben auch in der Krise zusammengestanden», sagte sie. Man sei stolz, wie das Zusammenspiel geklappt habe.
Die Abrissarbeiten gingen auch nach der Bergung der zweiten Leiche am Samstag und am Sonntag weiter. Trümmerteile und Schutt würden abtransportiert, sagte ein Polizeisprecher. Wie lange die Arbeiten dauerten, sei noch offen. Der Gutachter gebe vor, wie tief die Struktur sein müsse, um sein Gutachten zu erstellen. Schon mal so viel: «Das Dach ist komplett weg.»
Frage nach der Unglücksursache
Die Ursache des Einsturzes ist noch unklar, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Ein Gutachter ist beauftragt, die Unglücksursache herauszufinden. Ziel sei, dass der Gutachter bei der Suche nach der Einsturzursache an diesem Montag dann «in die nächste Phase eintreten» könne, hatte eine Polizeisprecherin am Samstag gesagt.
Laut Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Kreises Bernkastel-Wittlich, Jörg Teusch, stammt die Grundsubstanz des eingestürzten Hotels aus dem 17. Jahrhundert. Der Altbestand habe Holzdecken gehabt. Als dann 1980 zweieinhalb Geschosse aufgesattelt wurden, sei eine Betondecke eingezogen worden. Gutachten müssten nun zeigen, «ob da irgendwas in der Unterkonstruktion der alten Bausubstanz versagt hat».
Die Frage nach dem Warum des Hotel-Einsturzes stelle sich auch für die Helfer, sagte Teusch. Der Gutachter werde viele Daten auszuwerten haben, so dass «unter Umständen Wochen oder Monate ins Land gehen, bis man eine Ursache hat, wenn sie überhaupt gefunden wird.» Der Einsturz habe auch die Einsatzkräfte vor besondere Herausforderungen gestellt. Der Gottesdienst sei auch für die Helfer wichtig, wieder in die Normalität zurückzukehren, sagte er.
Große Anteilnahme
Ortsbürgermeisterin Beth berichtete, der Ort erlebe eine sehr große Anteilnahme - auch über den 2300-Einwohner-Ort hinaus. Bereits in der Unglücksnacht hätten viele Menschen per Mail oder WhatsApp Hilfe angeboten. «Wir erhalten über verschiedene Messengerdienste aufmunternde Nachrichten», sagte sie. Im Ort sein man sehr froh «über das Wunder», dass sich beim Einsturz noch fünf Personen direkt retten konnten und dann sieben Personen in einer 24-stündigen Rettungsaktion gerettet werden konnten.
Meindert Visser berichtete, seine Tochter habe ihn kurz nach dem Einsturz angerufen. «Papa, Hotel ist eingestürzt. Ich weiß nicht, was los ist. Es ist dunkel. Bete! Komm!», habe sie zu ihm gesagt. Sie seien sofort losgefahren. Da seien schon so viele Rettungskräfte vor Ort gewesen. Seine Tochter (23) habe in einem 70 Zentimeter hohen und ein Meter breiten Raum unter einer Tür gelegen. Die Rettungskräfte seien so professionell gewesen. «Wir sind sehr, sehr dankbar.» (dpa)