In Jahren ohne Pandemie finden jeweils viele zehntausend Besucher ihren Weg auf die weltberühmte Loreley - doch wohl kaum einer ahnt etwas von der einstigen vorchristlichen Wehranlage auf dem Felsplateau hoch über dem Rhein. Die mehr als 2500 Jahre alten Überreste hier seien nie sehr bekannt geworden - und dem geplanten Bau eines 700-Betten-Hotels kämen sie auch nicht in die Quere, sagt der Stellvertretende Landesarchäologe von Rheinland-Pfalz, Ulrich Himmelmann, der Deutschen Presse-Agentur.
Die Wehranlage befand sich vorne auf der Felsspitze. Das Hotel mit einem treppenförmigen fünfstöckigen Hauptgebäude, zehn zwei- bis vierstöckigen «Hotelvillen» sowie mit einstöckigen Bungalows soll dagegen weiter zurückgesetzt entstehen. Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz fordert nun ein Moratorium bei dem Bauprojekt - die Dimensionen seien zu groß für den Welterbestatus des Oberen Mittelrheintals. Die Investoren verweisen jedoch auf eine naturnahe Einbettung ihrer Architektur in die Landschaft. Das Hotel mit begrünten Dächern solle Ende 2024 eröffnet werden.
Bereits ökologisch umgestaltet worden ist der rheinnahe Bereich des Loreley-Plateaus in den vergangenen Jahren. Zuvor hatte es hier laut Himmelmann überall archäologische Testgrabungen gegeben. «Aber man konnte sonst nichts mehr feststellen. Da ist schon alles umgewühlt worden, unter anderem in der NS-Zeit», erklärt der promovierte Archäologe. Als Kulturgut geschützt sei auf der Loreley auch noch die ebenfalls in der NS-Zeit gebaute Freilichtbühne.
Die Überreste der vorgeschichtlichen Wehranlage auf der Felsenspitze halten die Archäologen bewusst aus dem Fokus der Öffentlichkeit. «Die Zahl solcher Denkmäler ist endlich», sagt Himmelmann. «Schon ganz viele sind durch Überbauung zerstört worden. Wir sind froh über jedes Denkmal, das geschützt im Boden bleibt.»
Der letzte Fachartikel zu der Wehranlage sei vor 116 Jahren erschienen. Er geht auf Informationen des Lahnsteiner Historikers Robert Bodewig zurück. Die befestigte Wohnstätte war demnach vermutlich um die Wende von der Bronze- zur Hallstattzeit rund 800 Jahre vor Christi entstanden. Laut dem Fachartikel handelte es sich wohl um ein größeres «Gehöft mit befestigtem Zufluchtsort, in dem zur Not auch noch einige benachbarte Familien mit ihrem Vieh aufgenommen werden konnten». Der natürliche Felsabfall habe ihren Schutz erhöht. Mauerreste aus Schiefersteinen, Pfostenlöcher im Felsboden, Scherben, Holzkohle und Knochen seien entdeckt worden. (dpa)