Neue Rufe nach Zuckerbremse für Kindergetränke

| Industrie Industrie

Auf den bunten Flaschen und Dosen locken beliebte Comicfiguren und kleine Monster - und der Inhalt ist oft stark gesüßt. Verbraucherschützer kritisieren weiterhin zu viel Zucker in Erfrischungsgetränken für Kinder und machen Druck für eine Limo-Steuer als Bremse für die Hersteller. Laut einer neuen Auswertung der Organisation Foodwatch enthielten 136 untersuchte Getränke wie Limonaden, Energydrinks und Fruchtsäfte im Schnitt 7,8 Prozent Zucker. Das seien mehr als sechs Würfel pro 250-Milliliter-Glas. Die Branche lehnt eine Zuckersteuer weiter ab.

«Ausgerechnet Getränke für Kinder und Jugendliche sind maßlos überzuckert», sagte Foodwatch-Expertin Luise Molling bei der Vorstellung der Untersuchung. Dafür wurden den Angaben zufolge in fünf großen Supermärkten alle Getränke eingekauft, deren Packung Kinder ansprechen soll, etwa mit niedlichen Tierfiguren für kleinere Jungen und Mädchen - aber auch mit bunten Skeletten oder grimmiger schauenden Figuren mit Sonnenbrillen für Jugendliche. Auch Trinkpäckchen mit kleinem Strohhalm, die Kinder häufig verwenden, wurden mit einbezogen.

Von den 136 Kindergetränken enthielten demnach nur drei Mineralwasser weder Zucker noch Süßstoffe. Die größte Zuckerbombe in der Auswertung war ein Energy Drink mit 15,6 Gramm Zucker je 100 Milliliter - in einer 500-Milliliter-Dose seien also 26 Würfel und damit mehr als dreimal so viel Zucker, wie Kinder und Jugendliche nach medizinischen Empfehlungen am Tag zu sich nehmen sollten. Mehr als fünf Gramm Zucker je 100 Milliliter enthielten 117 der 136 untersuchten Getränke.

Britische Steuer als Modell?

Foodwatch forderte die Bundesregierung erneut auf, zum Gegensteuern eine Limo-Steuer nach britischem Vorbild einzuführen. Diese setzt bei der Schwelle von fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter an. Hersteller müssen dann 18 Pence (21 Cent) pro Liter zahlen, bei 8 Gramm Zucker oder mehr pro 100 Milliliter werden 24 Pence (28 Cent) pro Liter fällig. Eine solche Steuer sollte laut Foodwatch auch für Getränke mit Süßstoffen und Säfte kommen. Der Satz müsse so hoch sein, dass Unternehmen den Anreiz bekommen, Rezepturen zu verändern und den Zuckergehalt zu senken.

Auch die Verbraucherzentralen heben Erfahrungen aus anderen Ländern mit einer «Süßgetränkeabgabe» hervor. Bisherige Selbstverpflichtungen zur Zuckerreduktion hätten keinerlei Wirkung gezeigt, kritisierte die Chefin des Bundesverbands, Ramona Pop. Auf weniger Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten und Getränken zielt auch eine 2018 von der Vorgängerregierung gestartete Strategie. Danach verpflichteten sich mehrere Branchen auf freiwilliger Basis zu Reduktionszielen bis 2025. Nach einer Überprüfung der Fortschritte hatte das bundeseigene Max-Rubner-Institut im Frühjahr festgestellt, dass bisherige Änderungen an Rezepturen noch nicht reichten.

«Kinder sollten Wasser trinken»

In Großbritannien ist die «Soft Drinks Industry Levy», wie sie offiziell heißt, seit 2018 in Kraft und hat nach neuen Forschungsergebnissen zu sinkendem Zuckerverzehr geführt. Zuckerkonsum durch Softdrinks ging nach Ankündigung der Steuer zurück – bei Kindern um etwa die Hälfte, bei Erwachsenen um ein Drittel. Zuckerhaltige Getränke im Kindes- und Jugendalter seien ein wesentlicher Risikofaktor für Übergewicht, Diabetes und Herzerkrankungen, sagte Ernährungsexperte Berthold Koletzko von der Kinderklinik der Uni München. Kinder sollten Wasser trinken.

Auch in Deutschland wird seit längerem über eine Limo-Steuer diskutiert. Während Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) damit sympathisiert, lehnt das FDP-geführte Finanzressort sie ab - Einigung in der Ampel-Koalition nicht in Sicht.

Die großen Branchenverbände machen ebenfalls Front dagegen. «Punktuelle und nicht wissenschaftlich belegte Maßnahmen wie singuläre Steuern sind abzulehnen», hieß es vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Übergewicht und Adipositas bei Kindern hätten viele Ursachen wie genetische Disposition, Sport oder Ernährungsgewohnheiten. Ablehnend äußerten sich auch die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke und der Lebensmittelverband Deutschland. Der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie forderte stattdessen: «Aus unserer Sicht sollten ernährungspolitisch die Schwerpunkte auf Bildung und Bewusstsein gelegt werden.»

Werbe-Beschränkungen stecken fest

Außer auf eine Limo-Steuer dringen Verbraucherschützer und Medizinexperten auf weitere Maßnahmen für eine gesündere Ernährung von Kindern. Foodwatch forderte eine Altersgrenze von 18 Jahren für den Kauf von Energy-Drinks - und «effektive Werbeschranken» für ungesunde Produkte. Gesetzespläne von Özdemir etwa mit Blick auf Werbeverbote im Fernsehen steckten in der Koalition aber komplett fest. Verbandschefin Pop mahnte, die Regierung sei gefragt, «Ernährungsumgebungen zu schaffen, in denen Kinder und Jugendliche gesund aufwachsen können.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Pressemitteilung

Mit einem Train-the-Trainer-Programm hebt der FCSI Deutschland-Österreich sein Projekt „KoKoKo – Kommunikation, Kooperation, Kollaboration” auf das nächste Level: Mitglieder haben die Möglichkeit, sich zu Spezialisten und Botschaftern für Design Thinking und dessen Methoden fortzubilden.

Pressemitteilung

Erneut investiert Winterhalter in eine grüne und nachhaltige Zukunft. Mit dem Bau einer Photovoltaik-Anlage auf dem Firmenparkplatz erweitert der Spültechnikhersteller aus Meckenbeuren seine Stromproduktion auf 40 Prozent des Eigenbedarfs.

Wein aus der Pfandflasche? Eine Genossenschaft aus Baden-Württemberg will eine entsprechende 0,75-Liter-Flasche in der Breite etablieren. Dazu braucht es den Lebensmitteleinzelhandel. Und der braucht einen passenden Kasten.

Zum 13. Mal wurde der Internorga Zukunftspreis an Unternehmen vergeben, die neue Maßstäbe im Außer-Haus-Markt setzen und Pioniere auf ihrem Gebiet sind. Unterhaltsam durch den Morgen führte die Journalistin und Fernsehköchin Felicitas Then. Gewinner waren das Hotel einsmehr, OMG plantbased Food AB und die Rational AG.

Von der Küchentechnik bis zum veganen Snack: Die Gastronomie-Messe Internorga will ab Freitag in Hamburg die Trends der Branche vorstellen. Mehr als 1000 Aussteller werden nach Angaben der Veranstalter in den Messehallen erwartet. Bis einschließlich Dienstag präsentieren sie Produkte für den Außer-Haus-Markt. Alle Infos bei Tageskarte.

Erstmals gibt das Gastronomie-Magazin Kalk&Kegel seine Liste der „Einflussreichsten Winzerinnen und Winzer“ auch für Deutschland heraus: 90 deutsche Weingüter aus neun Weinbauregionen finden sich darauf.

Im vorigen Jahr wurde weniger Champagner aus Frankreich nach Deutschland exportiert. Zugleich stieg aber der Umsatz mit dem edlen Schaumwein. Dafür gibt es eine Erklärung.

Nach Angaben des Deutschen Weininstituts (DWI) stieg der Durchschnittspreis, den die Erzeuger für einen Liter Wein im Ausland erlösten, im Vergleich zum bisherigen Höchstwert vom Vorjahr erneut um 20 Cent auf 3,35 Euro.

Die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des letzten Jahres haben sich auch auf das Weineinkaufsverhalten vieler Verbraucherinnen und Verbraucher ausgewirkt. Insbesondere einkommensschwache Haushalte verzichteten 2023 öfter auf Wein.

Pressemitteilung

Mit einer gelungenen Premiere geht die EUROVINO – Fachmesse für Wein zu Ende und überzeugt am Messestandort Karlsruhe mit einem qualitativ hochwertigen Ausstellendenportfolio, das einem starken Fachpublikum aus allen Teilen Deutschlands und dem europäischen Ausland präsentiert wurde.