Gesetz zum Bürokratieabbau - Meldeschein soll für inländische Übernachtungsgäste entfallen

| Politik Politik

Weniger Vorschriften und mehr digital: Die Bundesregierung will den bürokratischen Aufwand für Unternehmen, Verwaltung und Bürger abbauen. Dazu brachte das Kabinett am Mittwoch in Berlin ein Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg. Beispielsweise sollen deutsche Staatsbürger in Hotels im Inland keine Meldezettel mehr ausfüllen müssen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: «Bürokratieentlastung ist eine der großen Aufgaben der Bundesregierung, eines unserer großen Vorhaben. Und das haben wir heute einen großen weiteren Schritt vorangebracht.» Die Wirtschaft mahnte aber deutlich mehr und tiefgreifendere Maßnahmen für den Bürokratieabbau an. 

«Bauchspeck» an Bürokratie geht nicht über Nacht weg

Die einzelnen Maßnahmen aus dem Gesetz beruhen auf Vorschlägen der Bundesministerien zu ihren jeweiligen Bereichen, aber auch auf einer Online-Befragung von Verbänden, die 442 Vorschläge zum Bürokratieabbau eingereicht hatten. Grundzüge hatte das Kabinett schon im vergangenen Sommer bei seiner Klausur auf Schloss Meseberg abgesegnet. Damals sprach Justizminister Marco Buschmann von einem «bürokratischen Burnout» vieler Betriebe.

Jetzt zeigte der FDP-Politiker Verständnis für diejenigen, denen das neue Gesetz nicht weit genug geht. Trotz der geplanten Entlastungen hätten «die Menschen in der Wirtschaft recht, weil wir haben es natürlich in Deutschland bei der Bürokratie zu einer Weltmeisterschaft gebracht», sagte er im ARD-Morgenmagazin. «Das ist so ein bisschen, wie wenn man sich über Jahre so einen Bauch an Bauchspeck anfrisst. Den kriegt man nicht über Nacht mit einem Knopfdruck weg.»

Das geplante Gesetz sei einer von drei Bausteinen eines Pakets, das eine Entlastungswirkung von mehr als drei Milliarden Euro im Jahr bringen solle. «Das ist schon mal das größte Bürokratieentlastungspaket, das es je in der Geschichte dieses Landes gab», sagte Buschmann. Finanzminister Christian Lindner (FDP) beschrieb die Bürokratie als einen Grund, warum der Standort Deutschland aktuell international nicht wettbewerbsfähig sei. 

Gesetzentwurf mit vielen Detailmaßnahmen

Das geplante Gesetz muss noch im Bundestag und im Bundesrat beraten und beschlossen werden. Es sieht folgende Punkte vor: 

Kürzere Aufbewahrungsfristen:  Die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen etwa für Rechnungskopien, Kontoauszüge, Lohn- und Gehaltslisten sollen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Die Unternehmen können sie also früher entsorgen als bisher.

Vollmachtsdatenbank für Steuerberater: Unternehmen sollen ihren Steuerberatern nicht mehr zahlreiche Vollmachten schriftlich für die jeweiligen Träger der sozialen Sicherung ausstellen müssen. Es soll eine Generalvollmacht reichen, die elektronisch eingetragen und von allen Trägern der sozialen Sicherung abgerufen werden kann.

Meldepflichten für Hotelübernachtungen: Für deutsche Staatsangehörige werden sie abgeschafft - Hotels müssen sie nicht mehr erfassen und weitergeben.

Abschied von Schriftformerfordernissen:  Wenn heute die Schriftform verlangt wird, braucht es eine eigenhändige Unterschrift. Künftig soll die Textform in vielen Regelungsbereichen des Bürgerlichen Gesetzbuches ausreichen - etwa per E-Mail, SMS oder Messenger-Nachricht. So sollen zum Beispiel Vereinsmitglieder ihre Zustimmung zu einem Beschluss, der ohne Mitgliederversammlung gefasst wurde, künftig in Textform erklären können. 

Öffentliche Versteigerungen: Sie sollen auch online oder in hybrider Form, also vor Ort und gleichzeitig online, möglich sein. 

Fluggastabfertigung: Händische Kontrollen von Flugscheinen oder Reisedokumenten sollen weiter durch digitale Formen ersetzt werden - insbesondere beim Check-in, bei der Gepäckaufgabe und bei der Zugangskontrolle zum Sicherheitsbereich.

Zuspruch für Wegfall der Meldepflicht für deutsche Hotelgäste

Der Deutsche Hotelverband IHA begrüßte besonders den geplanten Wegfall der Meldebescheinigung für inländische Übernachtungsgäste. Hauptgeschäftsführer Markus Luthe forderte in der «Augsburger Allgemeinen», die Meldebescheinigung müsse auch für ausländische Hotelgäste entfallen. Zudem müssten auch die wegen der Kurtaxen erhobenen Meldepflichten für Heilbäder und Kurorte gestrichen werden.

Für die Vorsitzende des Startup-Verbands, Verena Pausder, ist das Gesetz ein guter, aber nur erster Schritt. «Ich glaube, wir müssen sozusagen mal kollektiv ausmisten», sagte sie im Deutschlandfunk. «Wir tun uns einfach wahnsinnig schwer, in Deutschland Dinge wieder abzuschaffen, die wir einmal eingeführt haben, auch wenn sie keinen Sinn mehr machen.» Sie nannte auch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz: «Wenn die Visa-Verfahren so lange dauern, dann bringt uns das eben nicht so viel, weil die Menschen dann trotzdem ewig warten, bis sie in einem Job ankommen.» 

«Bisschen Frühjahrsputz» reicht nicht 

Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander kritisierte, das geplante Gesetz bleibe deutlich hinter den Erwartungen und dem Notwendigen zurück. Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Tanja Gönner, sieht das ähnlich: «Die Bundesregierung verpasst den bürokratischen Befreiungsschlag.» Die geplanten Maßnahmen seien viel zu kleinteilig. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks erklärte, die Maßnahmen reichten bei Weitem nicht aus, um Handwerksbetriebe insgesamt und spürbar zu entlasten. 

Der Verband der Chemischen Industrie wartet nach den Worten von Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup weiter auf den «großen Wurf» der Regierung zum Bürokratieabbau: «Deutschland hat den Keller voll mit unnötigen Gesetzen», stellte er fest. «Wir müssen entrümpeln. Mit ein bisschen Frühjahrsputz ist es nicht getan.» (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Bundesagrarminister Cem Özdemir dringt seit Wochen auf konkrete Schritte zu einer dauerhaft gesicherten Finanzierung für den Umbau der Tierhaltung. Jetzt nehmen Özdemirs Pläne für einen „Tierwohlcent“  konkrete Formen an: Ein Eckpunktepapier ist an die Ampelfraktionen verschickt worden.

Der Haushalt für das laufende Jahr hat die Ampel-Koalition an ihre Grenzen gebracht. Jetzt ist das Budget im Bundestag endlich beschlossen. Die Opposition meint: Sparen sieht anders aus.

Ab dem 1. Februar erhöht die Stadt Wiesbaden die Kurtaxe auf den Rekordwert von fünf Euro erhöht. Auch Geschäftsreisende müssen zahlen. Nun schlagen Hoteliers und Gastronomen Alarm.

Der Hamburger Musikclub Molotow kann vorerst bis Ende 2024 an seinem aktuellen Standort weiterbetrieben werden. Eigentlich soll anstelle des Musikclubs ein Hotel entstehen. Mehr als tausend Menschen hatten Ende letzten Jahres gegen die Pläne demonstriert.

Was bislang schon für unverpacktes Rindfleisch sowie verpacktes Fleisch aller Tierarten galt, ist jetzt auch generell für unverpacktes Fleisch vorgeschrieben. Noch gilt die Regelung nicht für die Gastronomie. Der DEHOGA setzt auf freiwillige Lösungen.

In rund 80 Städten kommen am Freitag erhebliche Einschränkungen auf Fahrgäste zu: Busse, U- und Straßenbahnen sollen an dem Tag dort meist ganztägig im Depot bleiben. Die Gewerkschaft Verdi erhöht den Druck im Tarifstreit. Nur Bayern ist nicht betroffen.

Das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium unterstützt Restaurants, Campingplätze und Hotels beim Ausbau oder der Erweiterung ihres touristischen Angebots. Rund acht Millionen Euro stehen im Haushaltsjahr 2024 bereit. Derr Dehoga freut sich über diese Entwicklung.

Die Bundesregierung diskutiert erneut die Einführung einer Tierwohlabgabe. Ein sogenannter „Tierwohlcent“ löse nicht die Probleme, sagt jetzt der DEHOGA Bundesverband. Originäre Aufgabe der Politik wäre es jetzt, die Rahmenbedingungen für den Mittelstand zu verbessern.

Seit Jahresbeginn wird für Speisen in Gaststätten wieder eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent erhoben. Alle Bestrebungen des Tourismuslandes MV, dauerhaft 7 Prozent festzuschreiben, waren erfolglos. Doch die rot-rote Koalition gibt nicht auf.

Mit einem in diesem Jahr mit bis zu rund acht Millionen ausgestatteten Programm will die rheinland-pfälzische Landesregierung Betreibern von Restaurants, Hotels und Campingplätzen unter die Arme greifen. Es solle beim Ausbau touristischer Angebote unterstützen, teilte das Wirtschaftsministerium mit.