Justizminister Buschmann will bei Entbürokratisierung Tempo machen

| Politik Politik

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat an die Politiker der Ampel-Parteien appelliert, in der Haushaltspolitik und bei der Vorbereitung von Gesetzen den Krisenmodus hinter sich zu lassen. «Wir haben in den letzten Jahren häufig quasi im Schweinsgalopp Gesetze gemacht», sagte Buschmann der Deutschen Presse-Agentur. «Das hat den Gesetzen nicht gut getan, die waren fehlerbehaftet», fügte er hinzu.

Die hohen Staatsausgaben und das hohe Tempo bei der Vorbereitung von Gesetzen in den vergangenen Jahren seien sowohl der Corona-Pandemie als auch dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geschuldet gewesen. Der Krieg habe nicht nur Auswirkungen auf die Verteidigungsausgaben gehabt, sondern auch eine Abmilderung der Folgen der gestiegenen Energiekosten notwendig gemacht. Doch genauso wie man in der Haushaltpolitik nun wieder «in den Regelbetrieb der Schuldenbremse» übergehen müsse, so sei es auch erforderlich, bei der Formulierung von Gesetzentwürfen «wieder in den regulären Modus mit seinen Fristen» zurückzufinden, mahnte Buschmann.

«Man kann nicht ernsthaft glauben, dass, wenn man einem anderen Haus ein Gesetz zur Prüfung gibt, dass man das solide und seriös in 24 Stunden machen kann», gab der FDP-Politiker zu bedenken. «Wenn man seine Hand dafür ins Feuer legen soll, dass die Sache funktioniert, braucht man mehr Zeit.»

Um Deutschland aus der Rezession zu führen, braucht es nach Ansicht von Buschmann jetzt «eine Trendwende bei der Bürokratiebelastung». Die lauten Klagen der Wirtschaftsverbände über zu viele gesetzliche Regelungen und Berichtspflichten könne er nachvollziehen. «Mein Eindruck ist nämlich, dass ein Teil der deutschen Wirtschaft wirklich unter einem Bürokratie-Burn-Out leidet», sagte er der dpa. «Das, was wir als Gesetzgeber, als Bund, als Länder, als Europäische Union von den Unternehmen verlangen, erschöpft die so sehr, dass sie sich kaum noch um ihr Kerngeschäft kümmern können - das darf nicht sein.»

Ein Baustein, um hier Abhilfe zu schaffen, sei das geplante Bürokratieentlastungsgesetz. Eckpunkte dafür sollen laut Buschmann bei einer Kabinettsklausur Ende August beschlossen werden. «Ich bin guter Dinge, dass wir da etwas Substanzielles hinbekommen», sagte der Minister. Seiner Ansicht nach sollte die Bundesregierung außerdem auf EU-Ebene, etwa zusammen mit den Franzosen, eine europäische Initiative zur Entbürokratisierung auf den Weg zu bringen.

Auf die aktuelle Konjunkturflaute angesprochen, sagte Buschmann: «Ich glaube, wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um als Land wieder attraktiver zu werden, um hier zu investieren und hier zu wirtschaften.» Bei der steuerlichen Entlastung versuche Finanzminister Christian Lindner (FDP) «ein klares Signal zu setzen». Ein weiterer wichtiger Baustein sei die Digitalisierung.

Bei den Justizbehörden des Bundes und den Bundesgerichten werde die E-Akte bis zum Ende dieses Jahres vollständig eingeführt sein. Was die Digitalisierung angehe, so könne er für Bund und Länder sagen: «Wir ziehen da an einem Strang.» Er sei erschüttert gewesen, als sich zu Beginn der Corona-Pandemie gezeigt habe, dass viele Gesundheitsämter nicht digital aufgestellt gewesen seien. Das gelte auch für viele andere Behörden, etwa Ausländerämter. «Das ist ein Ärgernis», sagte Buschmann. Schließlich könne wer keine Datensätze habe, auch nicht von den Potenzialen der Künstlichen Intelligenz profitieren. Effektivere Prozesse seien aber gerade in Zeiten des Fachkräftemangels enorm wichtig.

Der zu Jahresbeginn eingeführte sogenannte Digitalcheck für Gesetze, bei dem jedes Vorhaben auf seine Digitaltauglichkeit geprüft wird, ist aus Sicht von Buschmann deshalb auch «keine Modegeschichte, sondern es ist zwingendes Erfordernis, damit dieser Staat in Zukunft noch funktionieren kann».

Die FDP hatte im Bundestagswahlkampf 2021 stark auf das Thema Digitalisierung gesetzt und damit nach Einschätzung von Meinungsforschern vor allem viele junge Wähler angesprochen. Er habe binnen eines Jahres im Bundesjustizministerium die elektronische Aktenführung eingeführt, betonte Buschmann. Christian Lindner habe die Investitionen in die Digitalisierung im Finanzministerium erhöht, Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) das digitale Deutschlandticket auf den Weg gebracht. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) habe zusammen mit Sachsen-Anhalt ein einfaches System aufgesetzt, um die Energiepauschale für Studenten auszuzahlen. Dennoch gelte: «Man kann nicht auf einen Knopf drücken und erwarten, dass dann über Nacht aus der digitalen Wüste die digitalen blühenden Landschaften werden.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Frust im Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP: Bei der Europawahl hängt die Union die Konkurrenz ab, die AfD landet mit großem Plus auf Platz zwei. Im Osten liegt sie sogar vorn.

Angesichts der Herausforderungen zählen mehr denn je Vernetzung, das Bündeln der Kräfte und das Schaffen von Synergien. Vom 2. bis 4. Juni kamen dazu in Warnemünde die deutschsprachigen Verbände der Hotellerie und Gastronomie zu ihrem traditionellen Jahrestreffen zusammen.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Nach Protesten des DEHOGA Bayern zieht die Bahn das Kampagnenmotiv jetzt zurück.

Auch Hoteliers und Gastronomen sind von dem Hochwasser in Bayern betroffen. Angesichts der schweren Schäden hat das bayerische Kabinett gestern ein Soforthilfe-Paket beschlossen. Dieses soll eine Summe von „100 Millionen plus x“ umfassen. Was es zu beachten gibt.

Der ehemalige Münchner Oberbürgermeister Christian Ude soll im Tarifstreit in der bayerischen Gastronomie vermitteln. Der Dehoga sieht aktuell aber keinen Bedarf für einen Schlichter. Vielmehr sei ein Angebot der Arbeitgeber an die NGG gegangen.

Die Denkfabrik Zukunft der Gastwelt plant eine Image-Kampagne. Die ermäßigte Mehrwertsteuer für die Hotellerie und die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertag- und Nachtzuschlägen soll gerettet werden. Beides sehen die Lobbyisten in Gefahr. Ich halte diese Kampagne für brandgefährlich. Ein Kommentar von Marc Schnerr.

Zur Europawahl hat die Branche ihre Positionen und Erwartungen für ein starkes Gastgewerbe in einer leistungsfähigen Europäischen Union an die Politik adressiert. Jetzt liegen die Antworten der Parteien auf den Fragenkatalog des DEHOGA und des Hotelverbandes vor.

Deutsche Bahn und S-Bahn München sprechen mit einer Recruiting-Kampagne gezielt Mitarbeiter aus der Gastronomie an. Das bringt den DEHOGA Bayern auf die Zinne. „Unverschämt“ und „hoch unanständig“ sei das, schimpft DEHOGA-Bayern-Chef Geppert und fordert Konsequenzen.

Kaum ein Thema treibt die gastgewerblichen Unternehmer so um wie die wachsende Bürokratie. In seiner neuen Broschüre „Rezepte für den Bürokratieabbau“ zeigt der DEHOGA Bundesverband die bürokratischen Pflichten für Gastronomie und Hotellerie im Detail auf und benennt seine Empfehlungen für den Bürokratieabbau.

„Die von der EU geplanten neuen Regelungen für die Pauschalreiserichtlinie kosten nicht nur Geld, sie verzerren auch den Wettbewerb weiter – zu Lasten der organisierten Reise“, kritisierte der DRV-Präsident bei einer Anhörung im Bundestag.