Urteil: Videoaufnahmen können keinen Arbeitszeitbetrug beweisen

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Soll ein vermeintlicher Arbeitszeitbetrug vor Gericht bewiesen werden, können Arbeitgeber dazu nicht einfach Videoaufnahmen heranziehen. Eine Videoüberwachungsanlage an den Eingangstoren eines Betriebsgeländes sei in der Regel zur Kontrolle geleisteter Arbeitszeiten weder geeignet noch erforderlich, so ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (Az. 8 Sa 1148/20).

In dem konkreten Fall, über den «Haufe.de» berichtet, ging um einen Mitarbeiter, der von seinem Arbeitgeber nach einer Verwarnung eine fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs erhielt. Ausschlaggebend für die Kündigung waren dem Beitrag zufolge unter anderem Auswertungen von Videoaufzeichnungen vor dem Werksgelände. Sie sollten falsches Einstempeln am dortigen Kartenlesegerät für Kollegen und ein früheres Verlassen des Arbeitsplatzes zeigen.

Arbeitszeitbetrug kann Kündigung rechtfertigen

Der Beschäftigte klagte gegen die Kündigung und bekam Recht. Das Landesarbeitsgericht entschied wie bereits die Vorinstanz, dass die Kündigung unwirksam sei. Laut Urteil kann Arbeitszeitbetrug - etwa durch den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr - zwar grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Die Videoaufzeichnungen, die der Arbeitgeber vorbrachte, waren dem Gericht zufolge aber in diesem Fall nicht als Beweis geeignet. Das LAG argumentierte unter anderem, dass der erstmalige Zugriff auf Videoaufzeichnungen, die mehr als ein Jahr zurückliegen, nicht angemessen sei, um einen behaupteten Arbeitszeitbetrug aufzudecken.

Datenauswertung ausgeschlossen

Zudem hatte sich der Arbeitgeber in einem Betriebskonzept ohnehin dazu verpflichtet, die Daten der Videoüberwachungsanlage nur 96 Stunden lang aufzubewahren. Auch eine personenbezogene Auswertung der Daten eines Kartelesegeräts am Eingang konnte der Arbeitgeber nicht als Nachweis anbringen. Die Auswertung war in einer Betriebsvereinbarung ausgeschlossen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Wer backt in Deutschland eigentlich warum und wie viel, zu welchem Anlass und vor allem, wie? Die aktuelle Dr. Oetker Backstudie 2024 liefert Einblicke in die heimischen Rührschüsseln und Backöfen.

E-Mails statt Briefe, Cloud-Ablagen statt Aktenschränke – immer mehr Unternehmen in Deutschland verzichten auf Papier. 15 Prozent der Unternehmen arbeiten inzwischen komplett papierlos. Das sind fast doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren.

Die Erwartungen an die Wiesn und das Geschäft für Gastronomen und Händler in ganz München - nicht nur in den Zelten - sind hoch. Eine Analyse zeigt: Cafés und Restaurants verbuchten deutlich weniger Einnahmen als im letzten Jahr.

Zahlreiche Umfragen besagen, dass junge Leute von heute keine Lust auf Führungspositionen haben. Doch die Gelegenheiten, Chef zu werden, sind vielfältig. Die Risiken, die Chance zu vermasseln, sind es allerdings auch. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Zum fünften Mal vergibt die Bundesregierung den CSR-Preis und zeichnet Unternehmen aus, die sich durch sozial und ökologisch verantwortungsvolles Wirtschaften hervorheben. Bis zum 30. September können Sie sich mit Ihrem Unternehmen jetzt noch darum bewerben.

Wer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, weiß in der Regel welche Tätigkeiten der Job beinhaltet. Kleine Abweichungen sind meist unproblematisch. Doch was, wenn die oder der Vorgesetzte plötzlich verlangt, eine völlig neue Aufgabe zu übernehmen, die offenbar nichts mit den ursprünglichen Tätigkeiten zu tun hat?

In Deutschland muss die Arbeitszeit erfasst werden – soweit die Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus? Was ist wirklich Vorschrift? Und was ist mit Vertrauensarbeitszeit? Die Rechtslage im Überblick.

In der neusten Folge von „Das geht! – Ein DRV-Podcast“ erzählt der Chef von über 600 Beschäftigen wie er noch vor dem Einstieg bei Upstalsboom den künftigen Mitarbeitern ihre Talente und Fähigkeiten abseits der fachlichen Qualifikation entlockt. 

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Betriebsrenten attraktiver machen. Das geht aus einem Entwurf hervor, den das Bundeskabinett am Mittwoch abgesegnet hat. Es soll für Unternehmen Anreize schaffen, mehr Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung anzubieten.

Mit einem Kraftakt könnte es einem Modell zufolge bis 2035 gelingen, rund 1,5 Millionen 55- bis 70-Jährige für den Arbeitsmarkt zu gewinnen. In Personalnot-Zeiten eine enorme Zahl.