Pandemie holt Lieferdienste für Lebensmittel aus der Nische

| Industrie Industrie

Die Corona-Krise bescherte Online-Lieferdiensten einen unverhofften Boom. War der Handel mit Lebensmitteln über das Internet zuvor eher ein Nischenmarkt, hoffen Händler nun auf dauerhaft steigende Umsätze. Das regt auch Mitbewerber an, in den Markt kommt Bewegung.

Die Corona-Krise beschleunigt nach Ansicht von Händlern der Lebensmittelbranche und Handelsforschern den Trend zu Online-Lieferungen. «Die Unsicherheit durch die Corona-Pandemie hat dabei geholfen, die bisherigen Hürden beim Onlinekauf von Lebensmitteln bei neuen Zielgruppen abzubauen», sagte die Marktexpertin des Instituts für Handelsforschung (IFH) Köln, Eva Stüber, der Deutschen Presse-Agentur. Etwa seien Sorgen bezüglich der Frische und der Qualität der gelieferten Produkte geschwunden.

Zeitgleich hätten Bestandskunden online ebenso wie im Supermarkt zuletzt mehr gekauft. «Es wird nur beschleunigt, was sich sowieso bereits abgezeichnet hat - daher ist die Entwicklung nachhaltig», sagte Stüber.

Den Nachfrage-Anstieg bekommen Online-Supermärkte wie Picnic zu spüren, der im Ruhrgebiet und Rheinland Kunden beliefert. Die Kundenzahl habe sich während der Pandemie mehr als verdoppelt und liege nun bei 145 000, sagte Deutschlandchef Frederic Knaudt. «Wir beobachten, dass sich das Kundenverhalten in keiner Weise von dem Verhalten vor der Corona-Krise unterscheidet.» Es sei bislang nicht erkennbar, dass viele Kunden den Lieferdienst etwa nur einmalig ausprobierten. Viele seien eher von den Vorzügen überzeugt.

«Wir können daher klar sagen, unser Wachstum ist in jedem Fall nachhaltig», sagte Knaudt. Das Unternehmen investiere daher weiter in zusätzliche Kapazitäten - auch um eine Warteliste, auf der zurzeit noch rund 30 000 Verbraucher stehen, abzuarbeiten.

Die gestiegene Nachfrage belegen auch jüngste Zahlen des Online-Handels: Nach Angaben des E-Commerce Branchenverbandes bevh legten die Umsätze im Internethandel mit Lebensmitteln im zweiten Quartal kräftig zu und erreichten 772 Millionen Euro - das sind 89,4 Prozent über dem Vorjahresniveau. Der Verkauf von Drogerie-Artikel stieg um 44,6 Prozent auf 715 Millionen Euro.

Aber: Trotz der Krise blieben die Verbraucher zuletzt auch den stationären Supermärkten treu, wie aus einer repräsentativen Studie des Instituts für Management- und Wirtschaftsforschung (IMWF) für den Tiefkühllieferanten Eismann hervorgeht. Nahezu jeder Befragte gab dabei an, im August seine Einkäufe im Supermarkt zu erledigen (91 Prozent). Einen Discounter besuchten 81 Prozent, in Bäckereien und Metzgereien kauften 47 Prozent ein.

Das Wachstum der Online-Dienste verläuft auf niedrigem Niveau: Gerade einmal 15 Prozent der Befragten gaben an, sich Lebensmittel über einen Online-Händler zu besorgen - das sind nur 2 Prozentpunkte mehr als im September 2019. Die Studie zeigte aber auch, dass vor allem Familien zuletzt Lieferdienste mehr nutzten. Im August gaben 31 Prozent der Mehrpersonenhaushalte mit Kindern an, Lebensmittel online zu bestellen. Im September 2019 waren es noch 19 Prozent.

Kundinnen und Kunden in Deutschland seien schon länger für Online-Bestellungen von Lebensmittel bereit, ist sich Handelsexpertin Stüber sicher. «Die Angebotsstruktur ließ aber noch keinen großen Durchbruch zu.» Dies habe sich in der Corona-Krise geändert.

Die Supermarktkette Rewe meldete, durch die «stark erhöhte» Nachfrage vor allem nach lang haltbaren Lebensmitteln sei die Kundenzahl des eigenen Lieferdienstes rasant angestiegen. «Die Bestellungen haben sich nun auf einem hohen Niveau normalisiert», teilte ein Rewe-Sprecher mit. «Die Ausbreitung von Covid-19 hat dazu geführt, dass wir unseren Stellenwert bei Kunden und die Wertschätzung für den Rewe-Lieferservice enorm steigern konnten», betonte das Unternehmen und führt dies auf positives Kundenfeedback zurück.

Edekas Lieferdienst Bringmeister verzeichnet nach Angaben des Unternehmens seit Beginn der Corona-Pandemie eine «deutliche Steigerung der Nachfrage». Kapazitäten würden deshalb weiter ausgebaut. Weitere Einzelheiten teilte der Konzern aber nicht mit. Bislang ist der Dienst in Berlin, Potsdam und München verfügbar.

Auch beim US-Internetgiganten Amazon tut sich etwas: «Während der vergangenen Monate haben viele Kundinnen und Kunden zum ersten Mal online Lebensmittel bestellt, und wir sehen, dass viele von ihnen die Vorteile schätzen gelernt haben und den Service weiter regelmäßig nutzen», sagte der Deutschlandchef von Amazon Fresh, dem Lebensmittel-Lieferdienst des Konzerns, Mark Hübner.

Zu Zahlen und Expansionsplänen macht das Unternehmen zwar keine Angaben, Entwicklungen sind aber dennoch erkennbar: Seit Mitte August sind auch Lebensmittel der Supermarktkette Tegut bei Amazon erhältlich. Ein Service der zunächst aber nur für Kunden im Großraum Darmstadt und in Frankfurts Süden verfügbar ist. Amazon Fresh liefert bislang in Berlin, Potsdam, Hamburg und München aus.

Weitere Unternehmen kündigten zuletzt Expansionspläne an: So kündigte etwa die Drogeriemarktkette Müller an, ihr Online-Geschäft deutlich ausbauen und einen Lieferdienst anbieten zu wollen. Der Getränke-Lieferdienst Flaschenpost will sein Kerngeschäft testweise erweitern und künftig mehr frische Lebensmittel anbieten.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Pressemitteilung

Expect the unexpected! Mit diesem Motto setzt SALOMON FoodWorld® auch 2025 neue Maßstäbe in der Gastronomie. Ob Flexibilität oder internationale Vielfalt die diesjährigen Innovationen verbinden Genuss und Effizienz und bieten Gastronomen clevere Lösungen für die Anforderungen einer modernen Küche.

Pressemitteilung

​​​​​​​Pünktlich zum Start der Eis-Saison stellt Carte D´Or Professional fünf Neuheiten für den Außer-Haus-Markt vor: Mit den Sorten Dunkle Schokolade, Weiße Schokolade, Solero, Tiramisu und Spekulatius können Gastronominnen und Gastronomen ihren Gästen ab sofort nicht nur geschmacklich punkten.

Der belgische Lebensmittelkonzern Vandemoortele übernimmt Délifrance von der französischen Vivescia Group. Délifrance ist einer der führenden Hersteller von Tiefkühlbackwaren. Durch den Zusammenschluss soll ein weltweit tätiger Player mit einem geschätzten Umsatz von 2,4 Mrd. Euro entstehen.

Pressemitteilung

Der Hospitality HR Award geht in die nächste Runde. Auch in 2025 zeichnet die Deutsche Hotelakademie wieder herausragende HR-Strategien in der Hospitality Branche aus. Unternehmen können sich bis zum 31. August 2025 unter www.hospitality-award.de bewerben.  

Durch die Herstellung von Pflanzenkohle lassen sich im Weinbau Kreisläufe schließen. In der Fürstlich Castell´schen Domäne hat man bereits begonnen, altes Rebholz zu Pflanzenkohle zu recyceln und in das Bodenpflegesystem zu integrieren.

Der Spezi-Hersteller hatte sich vor dem Landgericht München vor allem gegen Farben und Formen auf den Flaschen und Dosen der «Brauerlimo» gewandt - mit Erfolg. Karlsberg ist nicht der einzige Konkurrent, mit dem Paulaner um das Spezi-Design streitet.

Pressemitteilung

​​​​​​​Mit seiner bisher größten Präsenz auf der Branchenleitmesse INTERNORGA in Hamburg setzt der FCSI Deutschland-Österreich ein klares Ausrufezeichen hinter seinen Anspruch, die Zukunft der Hospitality mit Kompetenz und Leidenschaft zu gestalten. Geboten wurden u.a. Innovation Walks, die Open Stage und eine eigene Lounge.

Die in wirtschaftliche Schieflage geratene Rosenbrauerei in Pößneck soll saniert werden. Das kündigte der vorläufige Erfurter Insolvenzverwalter Rolf Rombach an. Damit soll ein Neustart für eine der Traditionsbrauereien in Thüringen versucht werden.

In einigen Regionen kommt an diesem Wochenende der erste Spargel aus Deutschland in den Handel. Der großflächige Verkauf mit Straßenständen beginnt jedoch erst Anfang April.

Steigende Preise, wirtschaftliche Unsicherheit und sinkende Kaufkraft: Die Menschen in Deutschland trinken weniger Champagner. Bei hochwertigem Crémant gibt es hingegen Zuwächse.